Von den Umgangstugenden - MdS (alle)
Die Metaphysik der Sitten - I. Kant - Tugendlehre § 48
Es ist Pflicht sowohl gegen sich selbst als auch gegen andere, mit seinen sittlichen Vollkommenheiten untereinander Verkehr zu treiben (officium commercii, sociabilitas), sich nicht zu isolieren (separatistam agere); zwar sich einen unbeweglichen Mittelpunkt seiner Grundsätze zu machen, aber diesen um sich gezogenen Kreis doch auch als einen, der den Teil von einem allbefassenden der weltbürgerlichen Gesinnung ausmacht, anzusehen; nicht eben um das Weltbeste als Zweck zu befördern, sondern nur die wechselseitige Teilnehmung, die indirekt dahinter führt, die Annehmlichkeit in derselben, die Verträglichkeit, die wechselseitige Liebe und Achtung (Leutseligkeit und Wohlanständigkeit, Humanitas aesthetica et decorum) zu kultivieren, und so der Tugend die Grazien beizugestellen; welches zu bewerkstelligen, selbst Tugendpflicht ist.
Dies sind zwar nur Außenwerke oder Beiwerke (Parerga), welche einen schönen tugendähnlichen Schein geben, der auch nicht betrügt, weil ein jeder weiß, wofür er ihn annehmen muß. Es ist zwar nur Scheidemünze, befördert aber doch das Tugendgefühl selbst durch die Bestrebung, diesen Schein der Wahrheit so nahe wie möglich zu bringen, in der Zugänglichkeit, der Gesprächigkeit, der Höflichkeit, Gastfreiheit, Gelindigkeit (im Widersprechen, ohne zu zanken), insgesamt als bloßen Manieren des Verkehrs mit geäußerten Verbindlichkeiten, dadurch man zugleich andere verbindet, die also doch zur Tugendgesinnung hinwirken; indem sie die Tugend wenigstens beliebt machen.
Es fragt sich aber hierbei: ob man auch mit Lasterhaften Umgang pflegen dürfe? Die Zusammenkunft mit ihnen kann man nicht vermeiden, man müßte denn sonst aus der Welt gehen; und selbst unser Urteil über sie ist nicht kompetent. - Wo aber Laster ein Skandal, d.i. ein öffentlich gegebenes Beispiel der Verachtung strenger Pflichtgesetze ist, mithin Ehrlosigkeit bei sich führt: da muß, wenngleich das Landesgesetz es nicht bestraft, der Umgang, der bis dahin stattfand, abgebrochen oder soviel möglich gemieden werden: weil die fernere Fortsetzung desselben die Tugend um alle Ehre bringt und sie für jeden zu Kauf stellt, der reich genug ist, um den Schmarotzer durch die Vergnügungen der Üppigkeit zu bestechen.
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Wie es in der Bhagavad Gita auch heißt, auf dem rechten Wege ist kein Schritt umsonst und hat seinen Wert. Ähnlich ist es um die Tugend auch bestellt, selbst noch wenn sie zum Scheine würde ausgeführt, sie doch das enthält, um Ähnliches mit zu befördern. Ist auch die Motivation dahinter nicht ganz lauter, es bildet dennoch eine Übereinstimmung mit dem, was dieser Tugend im Grunde eigen ist und sie mit sich führt. Es wird nicht das, der Motivation eigene dadurch aufgehoben, aber nebst der Frucht daraus, bringt die Tugend ebenfalls eine Frucht zu Tage.
Es gibt über das SELBST gut und gerne Vorstellungen, es hätte ja nur etwas Mächtiges und Unfehlbares an sich, oder es sei etwas, was nur über einem schwebte und einen umsorgte, so das man gänzlich für nichts die Verantwortung auf sich nehmen bräuchte. Nein, in der Praxis und bei der Verwirklichung ist es gänzlich unvorteilhaft für einen für gewöhnlich. Denn der daran wirkt, dem gereicht nicht die Starke Seite zu, sondern genau das, was nicht funktioniert und gänzlich unangenehm ist.
Das was gerne dazu führt sich aufzuplustern, und damit ist nicht ein ernstlich Wort gemeint, technisch darüber zu reden, ob bloß die Sache betreffend oder auch sich selbst und die Sache betreffend, welche Rolle spielt es auch, wenn es keinerlei Bedeutung hat, ob irgend Aufsehen damit einhergeht, es aber auch keinen Grund gibt etwas zu unterdrücken, was wahrhaftig ist. Vielmehr geht es darum, wie es sich anfühlt und wenn es nur darum geht sich toll zu fühlen, ist es nicht selten mit Fremdherrschaft und Fremdbestimmtheit in Verbindung stehend, woraus solcherlei Gefühl erwächst. Warum? Ganz einfach, weil das, was einem eigen ist, nichts besonderes für einen ist und andernfalls man oft nur sich irgend etwas anderem unterstellt und vielleicht darüber auch verfügen mag, aber nichts davon einem zukommen wird, weil es nicht aus einem kommt und man daher eben nur irgend etwas anderem untersteht und oft nur so lange, wie man jeweiligem nutzt. Es muss nicht einmal negativ sein, es kann auch hilfreicher Natur sein, es ist einfach mehr der Natur der Sache geschuldet. Es kann auch schon z.B. Nationalstolz sein, was von einer ähnlichen Natur geprägt und begleitet wird.
Wenn man nun vom Selbst ausginge, dann kommen einem nicht die Stärken daraus zu, wenn man es einbringt oder entwickelt, sondern alles was daraus zukommt, kommt allen in gleicherweise zu, es ist nicht selektiv, sondern allumfassend in dem, was einbezogen ist, wobei die Schwächen dann ebenso alle beeinträchtigen, am meisten aber eben den, der es einbringt, weil er direkt nicht in dem steckt, was ganz toll rund läuft, sondern immer mit dem zu tuen bekommt, was hackt. Und so weiß man auch, woran man eigentlich ist eher, als mittels irgend eines Gefühls.
So kann es viel eher passieren, dass man überhaupt keine gute Figur macht, es eher merkwürdig anmutet und vom Empfinden man sich auch äußerst unsexy vorkommen mag, aber nur so eben den Gegensatz auch mit sich führt, um etwas ganzheitlich zu erhalten.
Darüber hinaus, weil es ja für alle Aspekte in einem ist und nicht nur für einen Anteil, der dann als "ICH, ICH, ICH" rumlaufen darf, darf man diverse Verwirklichungen und was man sich erarbeitet, so oft machen, bis es sitzt und jeder Anteil von sich einbezogen wurde, so lange wie es auch immer dauert, ob es nur 1x oder 2000x ist und je nachdem, woran man arbeitet.
Es ist also nichts dolles, und wenn doch für einen Moment mal wo, dann wird man nicht dazu kommen, sich irgend einen Vorteil daraus zu schlagen, eher vielleicht wird es belächelt, obwohl der lächelnde, nur lächeln kann, weil er ebenso einbezogen und Anteil davon hat, wovon nicht einmal eine Ahnung da wäre, wenn nicht einer da wäre, der belächelt werden mag... es ist einfach bedeutungslos wonach etwas ausschaut, ebenso wie es wichtig ist, was man tut, als das was man sagt, dennoch kann das, was in einem bestimmten Rahmen gesagt wird, mehr Bedeutung haben, wenn mehr einbezogen ist, als was getan wird, wo weniger oder nicht so viel einbezogen ist. Ansonsten steht man mindestens für sich selbst immer in der Verantwortung...
Klar kann man alles abschießen, was heute auch nicht unüblich ist, was irgendwo sich hingearbeitet hat, aber wenn alle im Keller stehen, dann hat man alle auf einem Niveau, undzwar Keller-Niveau. Sicher ist es von Vorteil, wenn sich alle eben darin unterstützen weiter zu kommen und weniger wild rumgeschossen wird. An manchem kommt man aber nicht vorbei es abzuschießen, weil es einfach nicht taugt oder noch nicht taugt und erst auf die rechten Beine kommen muss um darauf etwas zu begründen. Denn wer will das ins Höhere auch mit sich nehmen, was einem nur zum Laster gereicht?!
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Devino M.,
13.12.2015, 23:55
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Devino M.,
17.12.2015, 00:54
- Aus dem Weltblendwerk erwacht - BG 7:14 - Devino M., 20.12.2015, 02:01
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