Was heißt moralische Gesinnung? - KdpV (alle)
Kritik der praktischen Vernunft - I. Kant - Methodenlehre
Die Methode nimmt also folgenden Gang. Zuerst ist es nur darum zu tun, die Beurteilung nach moralischen Gesetzen zu einer natürlichen, alle unsere eigenen, sowohl als die Beobachtung fremder freier Handlungen begleitenden Beschäftigung und gleichsam zur Gewohnheit zu machen, und sie zu schärfen, indem man vorerst fragt, ob die Handlung objektiv dem moralischen Gesetze, und welchem, gemäß sei; wobei man denn die Aufmerksamkeit auf dasjenige Gesetz, welches bloß einen Grund zur Verbindlichkeit an die Hand gibt, von dem unterscheidet, welches in der Tat verbindend ist, (wie z.B. das Gesetz desjenigen, was das Bedürfnis der Menschen im Gegensatze dessen, was das Recht derselben von mir fordert, wovon das Letztere wesentliche, das Erstere aber nur außerwesentliche Pflichten vorschreibt,) und so verschiedene Pflichten, die in einer Handlung zusammenkommen, unterscheiden lehrt.
Der andere Punkt, worauf die Aufmerksamkeit gerichtet werden muss, ist die Frage: ob die Handlung auch (subjektiv) um das moralischen Gesetzes willen geschehen, und also sie nicht allein sittliche Richtigkeit, als Tat, sondern auch sittlichen Wert, als Gesinnung, ihrer Maxime nach habe. Nun ist kein Zweifel, dass diese Übung, und das Bewusstsein einer daraus entspringenden Kultur unserer bloß über das Praktische urteilenden Vernunft, ein gewisses Interesse, selbst am Gesetze derselben, mithin an sittlich guten Handlungen nach und nach hervorbringen müsse. Denn wir gewinnen endlich das lieb, dessen Betrachtung uns den erweiterten Gebrauch unserer Erkenntniskräfte empfinden lässt, welchen vornehmlich dasjenige befördert, worin wir moralische Richtigkeit antreffen; weil sich die Vernunft in einer solchen Ordnung der Dinge mit ihrem Vermögen, a priori nach Prinzipien zu bestimmen was geschehen soll, allein gut finden kann.
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Tut man etwas bloß, weil es allgemein erwartet wird und würde aus sich heraus ganz anders verfahren, vor allem wenn einem gänzlich die Freiheit dazu überlassen bliebe, vielleicht sogar, sofern vorerst keine weitere Konsequenz daraus zu befürchten wäre, so wäre man für gewöhnlich erst durch das Letztere, mit seiner eigenen Gesinnung konfrontiert.
Täte man also etwas bloß wegen der anderen, dann wäre es kein Gut, bestenfalls wäre es nur Befolgung von Gesetzen und Geboten oder der allgemeinen Sittenmaßstäbe, aber keine moralische Gesinnung. Vielleicht würde man damit sogar jenes belasten, weil man bloß etwas daraus entleiht, um dann angemessen mit selbigem umzugehen, oder nachdem wie es allgemein akzeptabel wäre.
Anders jedoch ist es mit all dem, wo man aus seiner eigenen Freiheit dazu überginge, damit sittlich zu verfahren, ohne dass man es müsste, womit man nicht nur versuchte eine sittliche Richtigkeit umzusetzen, sondern daraus auch einen Sittlichen Wert entstehen zu lassen. Damit könnte auch zuerst allgemein hin ein Gut zugefügt werden.
Denn selbst wenn man nur etwas tut, weil einem es gesagt wurde oder angeraten oder man aus etwas anderem, zu einer solchen Stimmung verleitet wäre, dann kann es leicht passieren, dass man nicht bei sich, sondern dem jeweils anderem anfinge und sich dieses wiederum aber bei einem nicht wirklich antreffen ließe oder halten könnte, weil es nicht aus einem selbst entstanden ist und einem somit auch nicht angehören kann.
Am sichersten verfährt man also, wenn man gerade so wie man ist, und wozu einem gar nicht ist, vor allem, sofern man seine sittliche Gesinnung nicht dahingehend bereits vorgepflegt hat, dazu übergeht, sich mit etwas sittlichem zu befassen und auseinander zu setzen, und sich vermittelst der eigenen daraus gewonnen Einsicht, zu einer moralischen Tätigkeit überzeugte und so rum sich sittlich in Handlungen einbringt und zur Beförderung eines Gutes beizusteuern fähig wird.
Sicherlich bleibt zu beachten, dass man als Gesamtheit eine Summe aus vielem bildet und somit sowohl in moralischer, wie auch also in unmoralischer Hinsicht, sich kaum je dessen sicher sein kann, was nun wem oder wohin gehört und sich darum auch davon nicht abbringen lassen sollte. Erst durch längerwährenden Gebrauch der moralischen Gesinnung und jeweilige Entwicklung, kann man nach und nach zur Unterscheidung gelangen, womit etwas in der Hinsicht in Verbindung stehen mag.
Wie so oft, wird meist dann, wenn einem nichts mehr daran gelegen ist, man soweit damit durch sein, was als ein Signal dienen mag, und erst dann ist man meist sicher im Gebrauche dessen, wessen auch immer...
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