Gemeinsinn und Geschmacksurteil - KdU (alle)
Kritik der Urteilskraft - I. Kant -
§ 20. Die Bedingung der Notwendigkeit, die ein Geschmacksurteil vorgibt, ist die Idee eines Gemeinsinns
Wenn Geschmacksurteile (gleich den Erkenntnisurteilen) ein bestimmtes objektives Prinzip hätten, so würde der, welcher sie nach dem letztern fället, auf unbedingte Notwendigkeit seins Urteils Anspruch machen. Wären sie ohne alles Prinzip, wie die des bloßen Sinnesgeschmacks, so würde man sich gar keine Notwendigkeit derselben in die Gedanken kommen lassen. Also müssen sie ein subjektives Prinzip haben, welches nur durch Gefühl und nicht durch Begriffe, doch aber allgemeingültig bestimme, was gefalle oder mißfalle. Ein solches Prinzip aber könnte nur als ein Gemeinsinn angesehen werden; welcher vom gemeinen Verstande, den man bisweilen auch Gemeinsinn (sensus communis) nennt, wesentlich unterschieden ist: indem letzterer nicht nach Gefühl, sondern jederzeit nach Begriffen, wiewohl gemeiniglich nur als nach dunkel vorgestellten Prinzipien, urteilt.
Also nur unter der Voraussetzung, daß es einen Gemeinsinn gebe (wodurch wir aber keinen äußern Sinn, sondern die Wirkung aus dem freien Spiel unserer Erkenntniskräfte, verstehen), nur unter Voraussetzung, sage ich, eines solchen Gemeinsinns kann das Geschmacksurteil gefällt werden.
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Selbst wenn man vom Gemeinsinn ausgehen mag, so wird es schwerlich sein, in irgend einer Form Anspruch auf diesen stellen zu können. Zweifellos ist Geschmack ein Feld, über welches nicht leicht ist, etwas auszusagen, erst recht im Sinne von Urteilen.
Dies liegt vor allem darin, dass Geschmack mehr mit dem Subjekt und Betrachter verbunden ist, als mit dem Objekt oder zumindest gleichermaßen bei/an beidem liegt.
Schön ist, was allgemein gefällt! Es wird in Ansehung des vorzüglichen einer Art und vom Blickwinkel einer Gattung aus betrachtet als Gemeinsinn zählen.
Es ist auch nicht das Mittel einer Art, d.h. dem Durchschnitt einer Masse abgeleitet, denn das wäre das Gewöhnliche, was aber einem Ausgangs-/und Orientierungspunkt dienen kann, um das ungewöhnlich Schöne hervor zu heben. Und es kann allgemein angenommen werden, dass das entscheidende beim Objekt die Qualität ist, auf Seitens des Subjekts aber die Quantität ist, die zum Maßstab gereichen.
Aber eine eindeutige Formel oder ein Model, von dem alles, dass Schöne (Ungewöhnliche) betreffend, abgeleitet werden kann, wird es wohl nicht geben!
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