Beharrlichkeit von Substanzen - KdrV (alle)

Devino M., Sonntag, 31. Juli 2016, 00:44 (vor 3098 Tagen) @ Devino M.

Kritik der reinen Vernunft - I. Kant - 2.B. 2.H. 3.A. 3A)

... Auf dieser Beharrlichkeit gründet sich nun auch die Berichtigung des Begriffs von Veränderung. Entstehen und Vergehen sind nicht Veränderungen desjenigen, was entsteht oder vergeht. Veränderung ist eine Art zu existieren, welche auf eine andere Art zu existieren eben desselben Gegenstandes erfolget. Daher ist alles, was sich verändert, bleibend, und nur sein Zustand wechselt. Da dieser Wechsel also nur die Bestimmungen trifft, die aufhören oder auch anheben können; so können wir, in einem etwas paradox scheinenden Ausdruck, sage: nur das Beharrliche (die Substanz) wird verändert, das Wandelbare erleidet keine Veränderung, sondern einen Wechsel, da einige Bestimmungen aufhören, und andre anheben.

Veränderung kann daher nur an Substanzen wahrgenommen werden, und das Entstehen oder Vergehen, schlechthin, ohne dass es bloß eine Bestimmung des Beharrlichen betreffe, kann gar keine mögliche Wahrnehmung sein, weil eben dieses Beharrliche die Vorstellung von dem Übergange aus einem Zustande in den andern, und von Nichtsein zum Sein, möglich macht, die also nur als wechselnde Bestimmungen dessen, was bleibt, empirisch erkannt werden können.

Nehmet an, dass etwas schlechthin anfange zu sein; so müsst ihr einen Zeitpunkt haben, in dem es nicht war. Woran wollt ihr aber diesen heften, wenn nicht an demjenigen, was schon da ist? Denn eine leere Zeit, die vorherginge, ist kein Gegenstand der Wahrnehmung; knüpft ihr dieses Entstehen aber an Dinge, die vorher waren, und bis zu dem, was entsteht, fortdauern, so war das letztere nur eine Bestimmung des ersteren, als des Beharrlichen. Eben so ist es auch mit dem Vergehen: denn dieses setzt die empirische Vorstellung einer Zeit voraus, da eine Erscheinung nicht mehr ist...
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Es ist so simpel, und doch so umfassend und folgerichtig sowie oft zu wenig bedacht...
Eine Veränderung kann nicht wahrgenommen werden, von dem, was sich selbst verändert hat, ja sich gar nicht selbst verändern kann, weil es sich selbst nicht darüber gehend umfassen kann, wie es ist.

Um dieses richtiggehend erfassen zu können, muss dasjenige, was es wahrnehmen möchte, beharrlich sein, d.h. aber folgerichtig nur, dass es dann einen Zustand verändert, nicht sich selbst.

Es ist fast so, wie zu sagen, "die Wahrheit kann sich selbst nicht widerlegen". Könnte sie es, wäre sie es nicht wirklich.

So können doch einige Vorstellungen gehoben werden, die es nicht wert sind, sich darin zu vertiefen, denn sie können nicht aufschließen, zu dem, was beharrlich bliebe.

Den Zustand zu verändern, ist also eine Sache, eine noch andere, sich selber zu verändern, was dann heißt, man ist nicht mehr der selbe. Das hieße alsdann, dass man sich nicht verändert hat, sondern man ist ein anderer geworden. Oder anders gesehen, es ist ein anderer Anteil in einem erwacht, der ggf. beharrlicher ist, in der Substanz oder vom Substrat her, als der Vorherige, so dass es an diesem, der Zustand der Veränderung an seiner Beharrlichkeit auszumachen und zu ermessen möglich ist oder wird bzw. wurde.

Daher ist es richtiger, nicht zu streben, sich zu verändern, sondern darauf zu achten, was man erweckt, dies auch mehr aus der Seelenperspektive. Ansonsten bliebe darauf zu achten, was man möglichst nicht erweckt, womit man vom Menschlichen Standpunkte, am Ende womöglich selber nicht mehr fertig werden kann.

Denn das, was erwacht ist, hat man erstmal an der Backe. Dann ist der Zustand "schlaf" doch von neuer Bedeutung, vor allem, in Anbetracht dessen, dass Veränderung vom jeweiligen nicht möglich sein sollte, von der Sache selbst her.. vielleicht nur am jeweiligen (d.i. an den Zuständen)...


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