Mit ruhiger Seele hinaus zu gehen - MdS (alle)

Devino M., Sonntag, 15. November 2015, 00:22 (vor 3357 Tagen) @ Devino M.

Die Metaphysik der Sitten - I. Kant - Tugendlehre § 6

... Dass der Mensch sich selbst beleidigen könne, scheint ungereimt zu sein (valenti non fit iniuria). Daher sah es der Stoiker für einen Verzug seiner (des Weisen) Persönlichkeit an, beliebig aus dem Leben (als aus einem Zimmer, das raucht), ungedrängt durch gegenwärtige oder besorgliche Übel, mit ruhiger Seele hinauszugehen; weil er in demselben zu nichts mehr nutzen könne. -
Aber eben dieser Mut, diese Seelenstärke, den Tod nicht zu fürchten und etwas zu kennen, was der Mensch noch höher schätzen kann als sein Leben, hätte ihm ein um noch soviel größerer Bewegungsgrund sein müssen, sich, ein Wesen von so großer, über die stärksten sinnlichen Triebfedern gewalthabenden Obermacht, nicht zu zerstören, mithin sich des Lebens nicht zu berauben.

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Wie es in der Bhagavad Gita u.a. heißt, der Ort oder das woran man beim dahinscheiden denkt, dorthin gelangt man auch; zeigt bereits, dass ein aufrechter Gedanken von größerer Tragweite sein kann, als es irgend etwas Materielles, das daher auch materiell bedingt wird...

Soweit somit auf etwas gesetzt wird, ob ein Moralischer Grundsatz oder Gedanken die aufrecht sind und sich dadurch nicht aufheben, weil sie mit etwas im Widerspruch stehen, ja selbst vielleicht ein ausgeprägter Sinn für etwas ästhetisch Schöne, sind folglich mehr, als jenes, was in der Materie greift und darauf allein abzielt. Ja, vielleicht hat man dann tatsächlich etwas in der Hand, ja selbst auch einen Beweis sogar erzielt, der sich in irgend einer Weise messen und materiell fixieren ließe, aber was, wenn dieses doch nur vergeht, sei es in der Weise, dass man von jeweiliger Ebene scheidet, dann wäre folglich dies alles dahin, jedenfalls für einen und hiernach von keinem Nutzen mehr.

Hat man aber darauf nicht gesetzt, sondern alles in der Hinsicht aufgebaut, dass es mit höheren Zwecken im Einklang steht, d.h. nicht, man solle die materiellen Gegenstände (Objekte) verachten, umgekehrt, sie so aufrichten, dass sie in einem das substanziell enthalten, was sie umfassend und für sich wesenhaft bedeuten. So kann man nicht wesentlich etwas verlieren, außer dem, was vergehen muss, weil es substanziell sich so damit verhält, aber dann war es bereits verloren, weil es nicht bestand hatte, dort, worin man dieses sah, wo es aber nicht ist, und kann dann auch ganz anders Gelassen damit sein.

Anders gesagt und wie es auch erfahrbar ist, ist das, was nicht dem Wesen nach gepflegt ist, sondern dem Verlangen nach (z.B. dem Verlangen nach in der Erscheinungswelt zu existieren), dann ist es substanziell in einem als etwas, das Schmerz zufügen wird, weil es ja nicht das ist, womit man es verbindet. Ebenso ist's mit der Materie, es ist das abzielen auf ein fassbares Ergebnis, im äußeren Sinne, aber wenn es nicht wesenhaft ist, dann ist das substanzielle eben unbestimmt, wenn man vom äußersten sich dann abwendet, ist da entweder nichts, was dieses im inneren aufwiegt, oder jedenfalls etwas anderes, vielleicht nur unbestimmte grobe Stofflichkeit, mit welcher sich ebenso nichts verrichten lässt und somit man sich nur vergriffen hat.

So ist es auch mit dem dahinscheiden, es kann viel bedeuten oder auch nichts, und man entscheidet selbst, worauf man setzt und wie und wohin man geht, soweit jedenfalls wie es bei einem Selbst liegt. Es kann sich ja nur das selber mitnehmen, was auch substanziell dazu in der Lage ist und nicht ausschließlich das, was Vorstellungen oder Überzeugungen allein bedingen könnten...


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