Was Begriffsbestimmung mit sich führt - KdU (alle)
Kritik der Urteilskraft - I. Kant - §85
... welche Eigenschaften, welchen Grad und welches Verhältnis der obersten Ursache der Natur ich mir zu denken habe, um diese als teleologisches System zu beurteilen; wie und mit welchem Rechte darf ich da meinen sehr eingeschränkten Begriff von jenem ursprünglichen Verstande, den ich auf meine geringe Welterkenntnis gründen kann, von der Macht dieses Urwesens, seine Ideen zur Wirklichkeit zu bringen, von seinem Willen es zu tun usw., nach Belieben erweitern, und bis zur Idee eines allweisen unendlichen Wesens ergänzen?
Dies würde, wenn es theoretisch geschehen sollte, in mir selbst Allwissenheit voraussetzen, um die Zwecke der Natur in ihrem ganzen Zusammenhange einzusehen, und noch obenein alle andere mögliche Plane denken zu können, mit denen in Vergleichung der gegenwärtige als der beste mit Grunde beurteilt werden müßte. Denn, ohne diese vollendete Kenntnis der Wirkung, kann ich auf keinen bestimmten Begriff von der obersten Ursache, der nur in dem von einer in allem Betracht unendlichen Intelligenz, d.i. dem Begriffe einer Gottheit, angetroffen werden kann, schließen, und eine Grundlage zur Theologie zustande bringen.
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Mit welchem Substrat ist ein Begriff überhaupt genährt, um den Anspruch zu bestehen, auf etwas Höheres zu verweisen?
Sicher ist es nicht schwer Begriffe anzuführen, um damit auf etwas Höheres verweisen zu wollen. Ist, während man einen Begriff ins Feld führt, aber kein Bezug zum Jeweiligen vorhanden, geht dieser entweder zu einer kollektiven Bedeutung (wo jeder das daraus leiten wird, was seiner bestimmten Anbindung zufällt), oder es ist das, was der dem beilegt, der sich damit befasst, andernfalls mündet es nur in irgend etwas oder bedeutet bloß irgend etwas anderes, was ja dann lediglich künstlich ist, aber daher weder etwas eröffnen kann, noch dazu beitragen, außer gerade nur aufzuzeigen, was etwas nicht ist.
Andererseits kann man daher auch irgend einen Begriff nehmen und darin mehr einfließen lassen, als dieser an sich an Bedeutung bei sich führt und mehr noch erzielen, als mit hochtrabenden Worten, während man lediglich über banale Dinge daher philosophiert und mehr erreichen, als eben Begriffe ins Feld zu führen, die ihrem Anspruch bloß nachsehen lassen.
Trotzt allem ist es nicht immer leicht, in dem, was man vermeint zu erkennen, auch noch das auszumachen, was man bei sich gerade führt, womit das Gesagte aufgewogen wird. Aber durch einfache Begriffe kann man nicht notwendig weniger zum Ausdruck bringen, weniger aber Gefahr laufen, zu falschweisen, allemal. Und alles, was man vermeint zu erkennen, ist zwar bedingt auch durch das, was man bei sich führt, nur ist nicht immer das bei sich Geführte mit eben der Einsicht ausgestattet, alles so einzuordnen, wie es sich verhält, denn dann müsste man der Allwissenheit wohl nahe sein, womit die Theorie zur Vollkommenheit geführt werden mag, für eine dem gleichkommende Praxis, wird man wohl lediglich etwas in Richtung Allmacht benötigen...
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