Empirische Konsequenzen des Psychologismus - LU (alle)

Devino M., Donnerstag, 11. Mai 2017, 02:06 (vor 2563 Tagen) @ Devino M.

Logische Untersuchungen - Edmund Husserl -
1.B. 4.K. Empirische Konsequenzen des Psychologismus
§ 29. Fortsetzung. Sigwarts Lehre

Sind begriffliche Vorstellungen fließend, d.h. ändert sich bei Wiederkehr "desselben" Ausdrucks "der" begriffliche Gehalt der Vorstellung, so haben wir im logischen Sinne nicht mehr denselben, sondern einen zweiten Begriff, und so bei jeder weiteren Änderung einen neuen. Aber jeder einzelne für sich ist eine überempirische Einheit und fällt unter die auf seine jeweilige Form bezüglichen logischen Wahrheiten. Wie der Fluss der empirischen Farbeninhalte und die Unvollkommenheit der qualitativen Identifizierung nicht die Unterschiede der Farben als Qualitätenspezies tangiert, wie die Spezies ein ideal Identisches ist gegenüber der Mannigfaltigkeit möglicher Einzelfälle (die selbst nicht Farben sind, sondern eben Fälle einer Farbe), so verhält es sich auch mit den identischen Bedeutungen oder Begriffen in Beziehung auf die begrifflichen Vorstellungen, deren "Inhalte" sie sind. Die Fähigkeit, ideierend im Einzelnen das Allgemeine, in der empirischen Vorstellung den Begriff schauend zu erfassen und uns im wiederholten Vorstellen der Identität der begrifflichen Intention zu versichern, ist die Voraussetzung für die Möglichkeit der Erkenntnis. Und wie wir ein Begriffliches im Akte der Ideation schauend erfassen - als die eine Spezies, deren Einheit gegenüber der Mannigfaltigkeit tatsächlicher oder als tatsächlich vorgestellter Einzelfälle wir einsichtig zu vertreten vermögen - so können wir auch die Evidenz der logischen Gesetze gewinnen, welche sich auf diese, bald so oder so geformten Begriffe beziehen. Zu den "Begriffen" in diesem Sinne von idealen Einheiten gehören nun auch die "Sätze", von denen das principium contradictionis spricht, und so überhaupt die Bedeutungen der Buchstabenzeichen, die in den formelhaften Ausdrücken der logischen Sätze benutzt werden. Wo immer wir Akte begrifflichen Vorstellens vollziehen, da haben wir auch Begriffe; die Vorstellungen haben ihre "Inhalte", ihre idealen Bedeutungen, deren wir uns abstraktiv, in ideierender Abstraktion bemächtigen können; und damit haben wir auch überall die Möglichkeit der Anwendung der logischen Gesetze gegeben. Die Geltung dieser Gesetze ist aber schlechthin unbegrenzt, sie hängt nicht davon ab, ob wir uns wer immer begriffliche Vorstellungen faktisch zu vollziehen und sie mit dem Bewusstsein identischer Intension festzuhalten, bzw. zu wiederholen vermag.
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Wir sprechen zwar für gewöhnlich im Sinne der für uns gemäßen Bedeutung, sollten es aber ins Auge fassen, dass wir im wesentlichen die hierzu vorhandene Vorstellung im anderen ansprechen oder ggf. eine entsprechende aufrufen und hervorbringen. Wir tuen also in den meisten Fällen gut daran, im Sinne einer einheitlichen Sprache, eine klare Anschauung zu intendieren, die irgend eine Allgemeingültigkeit besitzt. Denn so oder anders, wird entweder diese Anschauung aufgerufen oder eine ggf. völlig willkürliche Vorstellung. Nicht wenig fällt bei jedem gesprochenem Wort also bereits unter die Äquivokation.

Im Falle der Kommunikation unter Seelen entfällt solcherlei dadurch, weil der meist Empirische Sachverhalt mit der Empfindung auf Basis einer Introspektion übermittelt wird, aufgrund der tatsächlichen Einheit und Wesensgleichheit entfällt sowohl das Körperliche als Transmitter, ebenso entfällt auch aller wörtlicher und buchstäblicher Interpretationsspielraum. Und mehr zählt dann die Ausdrucksstärke im Sinne der Klarheit der Seele selbst und gemäß Intention u.ä.

Daher ist die Beschränktheit im Fassungsvermögen primitiver Wesensart bis zu einem gewissen Grad Segen wie Fluch. Würden gewisse Tore weit geöffnet stehen, wäre der Untergang näher, als die Erlösung für jegliches bedingte Leben. Was bei der Betrachtung des Umstandes notweniger Pflege noch deutlicher hervorgehoben werden kann.

Geht einer in etwas ein, pflegt es nicht, so wird es in gleicher Weise dem direkten Umfeld aufgebürdet. Oft wäre es dann besser, es bliebe ganz unberührt. Ähnlich verhält es sich auch mit dem, wenn man etwas anspricht, dann wird nur das erreicht, was da ist, auf welche Art auch immer es gepflegt sei oder noch gar nicht berührt wurde. Was sollte auch sonst erreicht werden können, als dann sich antreffen ließe? War es noch gar nicht eröffnet oder angefasst worden, wird also etwas erweckt und steht darin oder findet sich darin vor, dann wird es meist zunächst damit nicht umzugehen wissen, und schon ist also allerlei Hilfe Not angesagt.

Man kann fast immer davon ausgehen, wenn es nichts bis dato gab an der jeweiligen Stelle, dass es zunächst an sich schon in keiner geordneten Verfassung sich vorfinden lässt. Ist es angefasst oder etwas erweckt und es findet sich keine Wesenheit, die dieses pflegt oder es würde von der Allgemeinheit bis zu irgendeinem Grad weiter geführt, übernommen und weitergetragen werden, dann wird es verpfuscht und verschrottet letztlich. Ist dann nur die Frage, ob es sinnvoll war, es überhaupt anzurühren und musste es auch sein?

Noch etwas anderes ist es, wenn etwas vorgepflegt übergeben wird, mit hinreichender Instruktion, gerade wenn danach laut gerufen wird (wie es oft noch wenig entfaltetem und erfahrenem Wesen entspricht), dann aber nicht gepflegt wird und so völlig verpfuscht, dass es zusammenklumpt oder in sich zusammenschrumpft, dann bürdet man sich die Verwirklichung dessen selbst auf.

Pfusch lässt sich an vielem ausmachen, einmal und oberflächlich besehen vom Inhalt her, dann der Form nach was die Beschaffenheit auszeichnet, ebenso und weitreichender ist es der Energie nach. Es ist nicht bloß etwas nicht ordentlich zu machen, mehr noch heißt es in dem Sinne, dass es weitreichende Auswirkungen, sichtbar, hörbar, ja sogar riechbar nach sich ziehen kann, abhängig dessen, was verpfuscht wird. Vor allem aber lässt sich dahingehend die Energie erkennen, und immer dann in der Weise, wie es keiner gebrauchen kann und es sich weiter noch verwenden ließe. Vergleichbar ist also mit dem, wenn gesprochene Begriffe einfach keinen Sinn oder überhaupt keinen Zusammenhang ergeben, so, nur noch weitschichtiger und weitreichender auf jeweils seine Art und Weise abhängig des verursachten Pfusches.


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