Der ästhetische Sinn der Natur - KdU (alle)

Devino M., Montag, 08. Mai 2017, 01:38 (vor 2566 Tagen)

Kritik der Urteilskraft - I. Kant - § 58 Vom Idealismus der Zweckmäßigkeit der Natur sowohl als Kunst, als dem alleinigen Prinzip der ästhetischen Urteilskraft
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Was aber das Prinzip der Idealität der Zweckmäßigkeit im Schönen der Natur, als dasjenige, welches wir im ästhetischen Urteile selbst jederzeit zum Grunde legen, und welches uns keinen Realism eines Zwecks derselben für unsere Vorstellungskraft zum Erklärungsgrunde zu brauchen erlaubt, geradezu beweiset: ist, dass wir in der Beurteilung der Schönheit überhaupt das Richtmaß derselben a priori in uns selbst suchen, und die ästhetische Urteilskraft in Ansehung des Urteils, ob etwas schön sei oder nicht, selbst gesetzgebend ist, welches bei Annehmung des Realisms der Zweckmäßigkeit der nicht stattfinden kann; weil wir da von der Natur lernen müssten, was wir schön zu finden hätten, und das Geschmacksurteil empirischen Prinzipien unterworfen sein würde. Denn in einer solchen Beurteilung kommt es nicht darauf an, was die Natur ist, oder auch für uns als Zweck ist, sondern wie wir sie aufnehmen. Es würde immer eine objektive Zweckmäßigkeit der Natur sein, wenn sie für unser Wohlgefallen ihre Formen gebildet hätte; und nicht eine subjektive Zweckmäßigkeit, welche auf dem Spiele der Einbildungskraft in ihrer Freiheit beruhete, wo es Gunst ist, womit wir die Natur aufnehmen, nicht Gunst, die sie uns erzeigt. Die Eigenschaft der Natur, dass sie für uns Gelegenheit enthält, die innere Zweckmäßigkeit in dem Verhältnisse unserer Gemütskräfte in Beurteilung gewisser Produkte derselben wahrzunehmen, und zwar als eine solche, die aus einem übersinnlichen Grunde für notwendig und allgemeingültig erklärt werden soll, kann nicht Naturzweck sein, oder vielmehr von uns als ein solcher beurteilt werden: weil sonst das Urteil, das dadurch bestimmt würde, Heteronomie, aber nicht, wie es einem Geschmacksurteile geziemt, frei sein, und Autonomie zum Grunde haben würde.

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Wie es vom geringen Eingeweihten-Bewusstsein aus, oder auch vom Uneingeweihten, kaum anders zu erwarten ist, als dass gewisse Selbstsüchte und Tendenzen dahin vertreten sind, weil dieses dem Bewusstseinsgrad und Umfang dessen Inhalts und Zuwendung gebräuchlicher Interessen entspricht, so ist es der Natur eigen, eigenen natürlichen Gesetzen und Regeln zu folgen.

Bei einem Eingeweihten wird zwar das Werk im wesentlichen von ihm zuerst vollbracht, die Zuwendung und das Interesse an gewissen Dingen aufzugeben, doch dauerhaft liegt der Sinn darin, dass mehr im Gewahrseinsbereich aufgenommen und was als die eigene Natur fortgeführt wird. Daher alles frühere persönliche Bestreben dadurch aufgehoben und darin abhanden geht, weil sich die Ausrichtung gänzlich auf andere Dinge verlagert.

Also kann es der allgemeinen Natur nicht eigen sein, unserem ästhetischem Empfinden oder Vorstellungen an sich entsprechen zu wollen, wenn diese nicht einmal einen Sinn für unsere Ideen oder unser Interesse diesbezogen wahrnehmen kann.

Zwar ist nicht auszunehmen, in dessen Anbetracht, dass sie (die Natur) einem höheren Evolutionsziel zustrebend sich bis zu einem gewissen Grad auch sich nach dem Menschlichen Geiste strecken und richten mag, doch weniger hat dieses zunächst mit unserem ästhetischen Sinn und noch weniger mit unserem Geschmack sodann gemein.

Damit es auf Molekularebene überhaupt im Ansatz dazu kommen kann, dass Natur z.B. die Pflanzenwelt, einen Sinn für unsere ästhetische Ansichten oder in dem Falle auch Absichten bekommen kann, bedarf es einer Vermittlung. Das heißt, wir müssten uns kenntlich machen und uns wohl die dafür erforderliche Zeit nehmen, um eine Übertragung auf geistigem Wege zustande zu bekommen.

1. Da die Natur nichts umsonst erschafft, wird es erfordern, dieses in Form eines Zweckes für die Natur abzubilden, weniger also in der Weise, weil es bloß unserem Geschmack gemäß sei.

2. Es müsste auch der Natur gemäß sein, also von dieser als machbar gelten. Wobei es für Pflanzen nicht ungewöhnlich also ist (gerade bei Blumen), schöne Blüten zu treiben.

3. Man müsste die Zuwendung der Pflanze erwecken, für uns und unsere Ästhetische Vorstellung und eine Akzeptanz und Übernahme dieser erreichen.

Die Unvoreingenommenheit und Heteronomie, wie es für ein Geschmacksurteil erforderlich sei, wäre in dem Zusammenhang natürlich unerheblich, wenn es uns nicht um ein Urteil geht. Also wenn es mehr nur um eine Steigerung der Ästhetischen Sinneskultur von Seiten der Natur und zu dieser hin, ginge.

Zwar ist die Frage, ob unser Sinn nun eine Steigerung für die natürliche Vorgehensweise der Natur wäre, doch auch der Natur mag der Hauch des Geistes nicht fremd sein. Auch ist eine gewisse tatsächliche Heteronomie und Naturverbundenheit in Zukunft denkbar, in der die Blumenwelt tatsächlich den ästhetischen Sinn des Menschen und einer höheren Zweckbestimmung im Zusammenhang eines größeren ästhetischen Sinnesbewusstseins und einer Teilhabe daran nicht abgeneigt und so vielleicht bald angetroffen werden kann und wird.


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