Das Wesen der Philosophie - KdrV (alle)
Kritik der reinen Vernunft - I. Kant - II. Transzendentale Methodenlehre
3.H. Die Architektonik der reinen Vernunft
Das System aller philosophischen Erkenntnis ist nun Philosophie. Man muss sie objektiv nehmen, wenn man darunter das Urbild der Beurteilung aller Versuche zu philosophieren versteht, welche jede subjektive Philosophie zu beurteilen dienen soll, deren Gebäude oft so mannigfaltig und so veränderlich ist. Auf diese Weise ist Philosophie eine bloße Idee von einer möglichen Wissenschaft, die nirgend in concreto gegeben ist, welcher man sich aber auf mancherlei Wegen zu nähern sucht, so lange, bis der einzige, sehr durch Sinnlichkeit verwachsene Fußsteig entdeckt wird, und das bisher verfehlte Nachbild, so weit als es Menschen vergönnet ist, dem Urbilde gleich zu machen gelinget. Bis dahin kann man keine Philosophie lernen; denn, wo ist sie, wer hat sie im Besitze, und woran lässt sie sich erkennen? Man kann nur philosophieren lernen, d.i. das Talent der Vernunft in der Befolgung ihrer allgemeinen Prinzipien an gewissen vorhandenen Versuchen üben, doch immer mit Vorbehalt des Rechts der Vernunft, jene selbst in ihren Quellen zu untersuchen und zu bestätigen, oder zu verwerfen.
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Man kann nicht Esoterische Lehren nehmen, die für einen womöglich selbst nicht mehr denn bloß als Theorie sprechen, und eine breite Anerkennung und Akzeptanz erwarten. Ja selbst dann nicht, wenn man sich über deren Quelle und Gehalt hinreichen überzeugt und versichert hätte. Ebenso auch mit der Philosophie, wenn mehr Licht der Erkenntnis eintrifft und angetroffen wird, was das ein oder andere widerlegen mag, so sollte man also den Verzug der Vernunft überstellen, unabhängig dessen, wie gewohnt einem eine Lehre geworden ist oder vielversprechend. Geltungsanspruch ist zudem nicht der letzten Wahrheit Schluss.
Denn wenn ein Mensch darin nicht ist, oder keinen Bezug dazu hat, wäre es überspitzt gesehen eine Irrlehre für ihn, denn man könnte meist nicht mehr, als nur seinen Intellekt darin überzeugen oder ihn der Theorie überführen, wenn er jedoch sein wahres Wesen nicht mitzieht, ist er nur seines Wesen mehr beraubt, als dass es für ihn auf seinem individuellen Weg von Nutzen dadurch wäre. So als wenn er dann weniger auf eigenen Füßen dadurch stünde, als zuvor noch, selbst wenn es vom größeren Standpunkt aus eigentlich von weniger Wahrheitsgehalt (jedenfalls für vom eigenen Stand aus) sein mag, und man daher meinte einen Fortschritt in der Weise zu bezwecken.
Daher erreichte man noch mehr, wenn man in sich davon etwas zum Leben erweckt. Das in etwa ist auch das Wesen der Philosophie. Weit mehr jedenfalls, als das Philosophie Erkenntnis nach Teilen, d.h. bloße Kenntnis oder ein bestimmter Themenkreis ist, der zu einem Fachgebiet zusammengeführt werden könnte.
Philosophie daher ist mehr etwas Lebendiges. Es ist das, worin man in einer praktischen Umsetzung der Lehre und den Werten als ein Lebendiges Beispiel gleicht, oder jedenfalls gleich zu kommen ersucht, mit den Möglichkeiten des Gelingens, die einem gegeben sind. Und dann lässt es sich auf alle Themengebiete erstrecken, weil man selbst dem Wahrheitsgehalt nachgeht, der in einem liegt und zugleich Licht auf das Thema fallen lässt.
Und doch, nur weil etwas Lebendiges bezeugt würde, muss es alsdann noch nicht Philosophie heißen, sondern dann erst, wenn es der Liebe zur Weisheit dienlich sich gestaltet. Also, wenn alles die Idee eines Höchstmöglichen Wesens ist, und man dieser Idee bis zu ihrem Ursprung folgt (dem Umfange nach), dann erst ist es Philosophie dem Wesen nach.
Es spricht nichts gegen ein wenig spekulative Vernunft, das Vernünfteln, was man als Philosophieren zählen mag. Schwieriger ist der Steig zur Philosophie und dem Philosophen an sich, wenn man von diesem sprechen wollte. Und doch ist letzteres erkannt, ist Anerkennung angebracht, wollte man sich des eigenen lebendigen Anteils nicht leichtfertig entheben, zum jeweiligen hin, worum es ginge oder worin es erkannt wäre...
Lebendigkeit heißt nicht irgend eine Art von Bewegtheit, sondern wodurch Leben fließt oder was nach seiner Art die Sache soweit lebenswert macht, dass Leben dahinter stehen kann. Dazu könnte man also anführen, Philosophie ist der Erweis von Wirklichkeiten, weil es sie als höhere Idee gibt, durch ein lebendiges Beispiel seiner selbst begründet.
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