Pflicht der freien Achtung - MdS (alle)
Die Metaphysik der Sitten - I. Kant - Tugendlehre §25
... Auch wird die Pflicht der freien Achtung gegen andere, weil sie eigentlich nur negativ ist (sich nicht über andere zu erheben), und so der Rechtspflicht, niemandem das Seine zu schmälern, analog, obgleich als bloße Tugendpflicht verhältnisweise gegen die Liebespflicht für enge, die letztere also als weite Pflicht angesehen.
Die Pflicht der Nächstenliebe kann also auch so ausgedrückt werden: sie ist die Pflicht, anderer ihre Zwecke (sofern diese nur nicht unsittlich sind) zu den meinen zu machen; die Pflicht der Achtung meines Nächsten ist in der Maxime enthalten, keinen anderen Menschen bloß als Mittel zu meinen Zwecken abzuwürdigen, (nicht zu verlangen, der andere solle sich selbst wegwerfen, um meinem Zwecke zu frönen).
Dadurch, dass ich die erstere Pflicht gegen jemand ausübe, verpflichte ich zugleich einen anderen; ich mache mich um ihn verdient. Durch die Beobachtung der letzteren aber verpflichte ich bloß mich selbst, halte mich in meinen Schranken, um dem anderen an dem Werte, den er als Mensch in sich selbst zu setzen befugt ist, nichts zu entziehen.
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Auf einen Raum oder Fläche bezogen, ist das, was man für sich allein nur beansprucht eine Schmälerung für andere oder alle, vor allem, wenn es allgemein nichts erweitert, wenn es allgemein beiträgt, ist es keine Schmälerung zugleich. Daher sollte was allen gehört und sofern es zur Tugend subsumiert bleiben soll, unter der Maxime stehen nur soweit beansprucht zu werden, wie es einem jeden möglich bleibt, es ebenso zu beanspruchen.
Benötigt es keine Fläche, nicht nur auf eine Art von Raum bezogen, sondern auf Mittel bezogen die dadurch an sich oder allgemein beeinträchtig würden, dann bleibt wohl die Frage hinsichtlich der Tugend, ob es allgemein etwas aufwertet und alsdann, ob es einem selber förderlich ist, denn die letzte Pflicht bleibt ja immer noch die sich selbst gegenüber, hinsichtlich seiner Teilnahme als Mensch, als Seele usw., also im Allgemeinsinne.
Wenn es einem zur Ungunst gereicht, aber darüber hinaus allgemein etwas aufwertet, dann stellt sich die Frage, ob man sich selbst als Teilhaber doch übers Verhältnis beeinträchtigt und so diese Teilhabe selbst in Mitleidenschaft gezogen wird. Dazu bedeutet Ungunst nicht zugleich schlechter, in mancher Hinsicht kann es sogar zur Notwendigkeit zählen, wenn etwas sich nicht anders erlernen ließe oder dadurch man erst in ein erweitertes Verhältnis kommt und sonst nicht Teilhaber von diesem sein könnte und das daraus Hervorgehende die ungünstige Stellung weit überträfe...
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- Beschaffenheit - KiW -
Devino M.,
30.11.2015, 00:55
- Pflicht der freien Achtung - MdS - Devino M., 01.12.2015, 00:32
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Devino M.,
04.12.2015, 00:49
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Devino M.,
05.12.2015, 01:53
- Aufgaben - BG 18:44 - Devino M., 06.12.2015, 02:36
- Ohne Knick und Falte - BG 18:43 -
Devino M.,
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- Der rechte Platz - BG 18:42 -
Devino M.,
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