das ästhetische Urteil - I. Kant (alle)

Devino M., Sonntag, 04. Mai 2014, 00:29 (vor 3662 Tagen) @ Devino M.

VIII. Von der Ästhetik des Beurteilsungsvermögens
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Ein ästhetisches Urteil im allgemeinen kann also für dasjenige Urteil erklärt werden, dessen Prädikat niemals Erkenntnis (Begriff von einem Objekte) sein kann (ob es gleich die subjektive Bedingungen zu einem Erkenntnis überhaupt enthalten mag). In einem solchen Urteile ist der Bestimmungsgrund Empfindung. Nun ist aber nur eine einzige so genannte Empfindung, die niemals Begriff von einem Objekte werden kann, und diese ist das Gefühl der Lust und Unlust. Diese ist bloß subjektiv, da hingegen alle übrigen Empfindung zu Erkenntnis gebraucht werden kann. Also ist ein ästhetisches Urteil dasjenige, dessen Bestimmungsgrund in einer Empfindung liegt, die mit dem Gefühle der Lust und Unlust unmittelbar verbunden ist. Im ästhetischen Sinnes-Urteile ist es diejenige Empfindung, welche von der empirischen Anschauung des Gegenstandes unmittelbar hervorgebracht wird, im ästhetischen Reflexionsurteile aber die, welche das harmonische Spiel der beiden Erkenntnisvermögen der Urteilskraft, Einbildungskraft und Verstand im Subjekte bewirkt, indem in der gegebenen Vorstellung das Auffasungsvermögen der einen und das Darstellungsvermögen der andern einander wechselseitig beförderlich sind, welches Verhältnis in solchem Falle durch diese bloße Form eine Empfindung bewirkt, welche der Bestimmungsgrund eines Urteils ist, das darum ästhetisch heißt und als subjektive Zweckmäßigkeit (ohne Begriff) mit dem Gefühl der Lust verbunden ist.

Das ästhetische Sinnesurteil enthält materiale, das ästhetische Reflexionsurteil aber formale Zweckmäßigkeit. Aber, da das erstere sich gar nicht aufs Erkenntnisvermögen bezieht, sondern unmittelbar durch den Sinn aufs Gefühl der Lust, so ist nur das letztere als auf eigentümliche Prinzipien der Urteilskraft gegründet anzusehen. Wenn nämlich die Reflexion über eine gegebene Vorstellung vor dem Gefühle der Lust (als Bestimmungsgrunde des Urteils) vorhergeht, so wird die subjektive Zweckmäßigkeit gedacht, ehe sie in ihrer Wirkung empfunden wird, und das ästhetische Urteil gehört so fern, nämlich seinen Prinzipien nach, zum obern Erkenntnisvermögen und zwar zur Urteilskraft, unter deren subjektive und doch dabei allgemeine Bedingungen die Vorstellung des Gegenstandes subsumiert wird. Dieweil aber eine bloß subjektive Bedingung eines Urteils keinen bestimmten Begriff von dem Bestimmungsgrunde desselben verstattet, so kann dieser nur im Gefühl der Lust gegeben werden, so doch, daß das ästhetische Urteil immer ein Reflexionsurteil ist: da hingegeben ein solches, welches keine Vergleichung der Vorstellung mit den Erkenntnisvermögen, die in der Urteilskraft vereinigt wirken, voraussetzt, ein ästhetisches Sinnenurteil ist, das eine gegebene Vorstellung auch (aber nicht vermittelst der Urteilskraft und ihrem Prinzip) aufs Gefühlt der Lust bezieht.
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Mit anderen Worten kann man sagen, dass ein ästhetisches Urteil (Sinnes-Urteil) nach einer Empfindung der Lust und Unlust untergeordnet wird (d.h. Gefühl) und das Subjekt sich zum Objekt nach seiner Neigung positioniert und somit ist es lediglich ein Urteil im Sinne rein subjektiver Betrachtung und verliert jegliche Bedeutung über den subjektiven Betrachter hinaus.

Ein ästhetisches Reflexionsurteil dagegen geht zwar von einer Empfindung aus, zieht aber das Vorstellungsvermögen und die Mittel der Ausdeutung und des Ausdrucks heran und hebt dies damit aus der bloßen Bewertung heraus.

Daraus kann man schließen, dass ein Gefühl über das Subjekt hinaus keine Bedeutung hat, während davon abgesehen, die Empfindung als solches zum Urteil herangezogen werden kann, ist das erstere lediglich zur persönlichen Bewertung geeignet.


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