Kritik der Urteilskraft - I. Kant (alle)

Devino M., Sonntag, 27. April 2014, 21:40 (vor 3669 Tagen)

Kritik der Urteilskraft - Immanuel Kant - Einleitung

II. Von dem System der obern Erkenntnisvermögen, das der Philosophie zum Grunde liegt

Wenn die Rede nicht von der Einteilung einer Philosophie, sondern unseres Erkenntnisvermögens a priori durch Begriffe (des oberen) ist, d.i. von einer Kritik der reinen Vernunft, aber nur nach ihrem Vermögen zu denken betrachtet (wo die reine Anschauungsart nicht in Erwägung gezogen wird), so fällt die systematische Vorstellung des Denkvermögens dreiteilig aus, nämlich erstlich in das Vermögen der Erkenntnis des Allgmeinen (der Regeln), den Verstand, zweitens das Vermögen der Subsumtion des Besondern unter das Allgemeine, die Urteilskraft, und drittens das Vermögen der Bestimmung des Besondern durch das Allgemeine (der Ableitung von Prinzipien), d.i. die Vernunft.

Die Kritik der reinen theoretischen Vernunft, welche den Quellen alles Erkenntnisses a priori (mithin auch dessen, was in ihr zur Anschauung gehört) gewidmet war, gab die Gesetze der Natur, die Kritik der praktischen Vernunft das Gesetz der Freiheit an die Hand und so scheinen die Prinzipien a priori für die ganze Philosophie jetzt schon vollständig abgehandelt zu sein.

Wenn nun aber der Verstand a priori Gesetze der Natur, dagegen Vernunft Gesetze der Freiheit an die Hand gibt, so ist doch nach der Analogie zu erwarten: daß die Urteilskraft, welche beider Vermögen ihren Zusammenhang vermittelt, auch eben so wohl wie jene ihre eigentümliche Prinzipien a priori dazu hergeben und vielleicht zu einem besonderen Teile der Philosophie den Grund legen werde, und gleichwohl kann diese als System nur zeitweilig sein.
---
Als Analogie hierzu kann man sagen, die Fähigkeit grundsätzlich gehen zu können, was der Gegebenheit der Natur entspräche, wäre der Verstand. Einen Weg zu beschreiten, also aktiv das von Natur gegebene zu nutzen, wäre die Vernunft. Den Weg a priori (seis durch Intuition) oder durch gemachte Erfahrung beurteilen zu können oder zu kennen (wohin dieser führt z.B.), wäre dann in dem Zusammenhang die Urteilskraft.

Bloß Verstand mach noch nicht das Denken aus.
Bloße Vernunft ist noch nicht Urteilskraft, aber der Schritt zu selbständigen Rückschlüssen und damit die Fähigkeit Frei von dem zu werden, was einem die Natur vorgesetzt hat.


gesamter Thread:

 

powered by my little forum