Venus, Eros & die Sublimierung der Sexualität (alle)

Vinaya El Michaela, Dienstag, 06. Oktober 2015, 08:32 (vor 3383 Tagen) @ Vinaya El Michaela

aus dem Buch:

"Die Kabbala - der jüdisch-christliche Einweihungsweg" von Heinrich Elijah Benedikt, die Zahl 6.


"...Auch die Klangverwandtschaft von Sechs und Sex ist nicht zufällig. Tatsächlich ist die Sechs die Zahl der sexuellen Kraft, also jener Kraft, die die Geschlechter aneinander bindet. Sie ist aber mehr als das. Grundsätzlich bringt sie als gerade Zahl wiederum Polarität und Gegensätzlichkeit zum Ausdruck, versucht sie, die eben gewonnene Einheit wieder aufzuspalten. Symbol der 6 sind zwei Dreiecke, Sinnbilder zweier Welten, die einander begegnen. Eines weist nach oben, strebt nach oben und ist rot, das andere weist nach unten, senkt sich nach unten und trägt die Farbe blau.

Sie versinnbildlichen Mann und Frau, Körper und Seele, Seele und Geist oder Himmel und Erde. Wie Himmel und Erde berühren sie einander am Horizont oder durchdringen einander und verbinden sich (= als übereinanderstehende Dreiecke, die sich in der Mitte berühren, und auch als Christusstern. MARIA). Das aus der Verbindung der zwei Dreiecke resultierende Hexagramm (=Christusstern. MARIA) ist Symbol sowohl der Sechs, als auch - wenn ihr gemeinsamer Mittelpunkt mitgezählt wird - der Sieben.
Betrachten wir die beiden Dreiecke erst einmal als Bilder von Körper und Seele, so finden wir im Hexagramm ausgedrückt, wie Leib und Seele einander durchdringen. Wie die Seele den Leib von innen her belebt, wie jedes der beiden Dreiecke eine in sich geschlossene Figur darstellt, bilden Körper und Seele zwei in sich geschlossene Welten, Welten, in denen jeweils unterschiedliche Gesetze herrschen. Und doch verbinden sie sich so eng, wie Wasser, das in die Erde sickert, um sie zu befeuchten und zu beleben.

So ist es auch die Seele, die den Körper von innen her belebt, die uns beseelt. Ohne sie ist der Körper ausdruckslos und ohne Leben. Zwei Kräfte sind es nun, die die Seele an den Körper binden. Es sind dies die Atmung und der Sex. Das muss erklärt werden.
Bei der Atmung ist es evident. Sie ist das eigentliche Band zwischen beiden. Mit dem ersten Atemzug, dem ersten Schrei des Kleinkindes, der ein Ausdruck des sich-Öffnens der kleinen Lungen ist, tritt die Seele in den Leib des kleinen Wesens hinein und verbindet sich mit ihm. Wie sich die Seele mit dem ersten Atemzug mit dem Körper verbindet, genauso verlässt sie ihn mit dem letzten Ausatmen des Sterbenden wieder, um in andere Gefilde überzugehen. Dazwischen spannt sich der Bogen des irdischen Lebens.

Tatsächlich ist der Atem die den Körper belebende Kraft (der Seele). Die Inder, die ihre Bedeutung erkannt haben, nennen sie Prana und machen allerlei Übungen (Pranayamas), um Herrschaft über sie zu gewinnen. So ist der Rhythmus des Ein und Aus des Atems ursprüngliche Ausdrucksform des Lebens, das sich immer erneut als Schwingung zwischen Geburt und Tod (zwischen Freude und Leid) manifestiert. Alle Involution und Evolution vollzieht sich in diesem Rhythmus, und die ganze Schöpfung atmet den Geist Brahmans. Nicht von ungefähr ist es die Inspiration, die Einatmung des Geistes Gottes, die uns belebt, anregt, erfüllt und erhebt. Es ist der Lebens-Odem, den Gott Adam in die Nase bläst.


Das zweite Band zwischen Seele und Leib ist die sexuelle Kraft. Ist sie als Zeugungskraft doch die Voraussetzung dafür, dass eine Seele überhaupt in einen Leib hineingeboren werden kann. Zum anderen ist sie es als die Kraft der ewigen Anziehung der Geschlechter, die die Seele an das Irdische bindet, sie zwingt, sich zu verkörpern.

Um das richtig zu verstehen, müssen wir wissen, dass die Sexualität jene Urkraft ist, die nicht nur die Geschlechter aneinander bindet und sie immer wieder dazu drängt, sich zu vereinigen, sondern dass sie die Triebkraft und Wurzel all unserer Wünsche, Phantasien, Träume, aber auch all unserer schöpferischen Impulse ist. Sie ist die Wurzel des Eros, des Rausches und der Ekstase.

Sie ist also jene Kraft, die alles Unvollständige, alles Geschöpfliche zur Einheit und zur Vollkommenheit drängt. Das ist es, was wir letztlich - wenn auch meist unbewusst - im Akt der sexuellen Vereinigung suchen. Und doch ist diese Einheit, die kurzweilige seelische und leibliche Verschmelzung von Mann und Frau, nur ein vergänglicher Abglanz jener höheren Einheit, die wir ersehnen, eine Erfahrung, ein Erlebnis von kurzer Dauer. Solange wir Einheit, Ekstase, und die Erfüllung all unserer Wünsche, Sehnsüchte und Phantasien im Irdischen suchen, bleiben wir auch an das Irdische gebunden.
Es ist der Eros, dem so viele Menschen verfallen, der sie versklavt und zerstört, es ist aber auch der Eros, der uns inspiriert, uns anregt und oft über uns selbst hinauswachsen lässt. Alle große Kunst ist durch den EROS beflügelt.

Je nachdem werden Sex und Eros deshalb entweder verteufelt oder vergöttert. Ebenso fanden die einen dementsprechend in der Frau - ist es doch Eva, die Adam zu Fall bringt - den Ursprung allen Übels, die anderen dagegen wiederum den Inbegriff und das Inbild des Himmels. Tatsächlich stimmt beides, je nach der REINHEIT unserer Sicht und unseres HERZENS
.
Nach dem Urimpuls Gottes, der in Seiner WEISHEIT alles Geschaffene nach dem Prinzip der Polarität, als Positiv und Negativ, als Männliches und Weibliches geschaffen hat, gehören beide auch untrennbar zusammen, und so bilden EROS und Sexus den treibenden Impuls im Entwicklungsplan des Menschen.
Es ist die gleiche wunderbare Kraft, die auch im Universum ununterbrochen neue Formen hervorbringt, ja die die Entstehung, Entwicklung und Auflösung ganzer Welten verursacht. Sie ist die Triebkraft der Natur und ihrer ewigen Wiederkehr.
Letztes Ziel und wahrer Hintergrund dieses ewigen Strebens und Suchens nach Einheit in der Sexualität ist nicht die körperliche Vereinigung von Mann und Frau, sondern die Vereinigung des negativ weiblichen Poles der Seele mit ihrem göttlichen Gemahl, dem aktiv-positiven Pol des Geistes. Die Inder nennen die beiden Pole - sowohl im Menschen als auch im Universum - das statische und das dynamische Prinzip, die sie in den Gestalten des Gottes Shiva und seiner Gemahlin Shakti verkörpert sehen. Die ganze Schöpfung ist danach nichts anderes als Hervorbringung und Ausdruck des Liebesspiels dieses göttlichen Paares. Dementsprechend finden wir eine Menge indischer Tempel gespickt mit Darstellungen der Vereinigung dieser beiden göttlichen LIEBENDEN, deren geometrisches Symbol wiederum das Hexagramm ist, Urform der komplizierten Yantras.

Das Hexagramm - Symbol der geistigen Bedeutung der Vereinigung der Geschlechter überhaupt - ist aber in Israel und im Judentum gleichermaßen bekannt wie in Indien.

Und das Hohelied Salomos ist nichts anderes als ein ekstatischer Ausdruck der Kenntnis und der Verherrlichung dieses schöpferischen geistigen Prinzips. Dort Shiva und Shakti, sind es in der Kabbala Salomon und Shulamit, JHWH und Israel, Keter und Malkhut oder Christus und die Ecclesia, das Lamm und seine Braut.

Die Chymische Hochzeit oder die Unio Mystica sind die Formen der ekstatischen Erfahrung dieser EINHEIT in der Seele. Wie wir die sexuelle Kraft werten, hängt davon ab. wie wir sie leiten. Lenken wir sie nach außen, um uns Sinneslust und Vergnügen zu schaffen, so zieht sie uns hinunter, schwächt unser geistiges Potential und macht uns zum Sklaven.

Gelingt es uns, sie zu wandeln, ihr ungeheures schöpferisches Potential als Triebkraft unserer inneren Entwicklung zu benutzen, so wird sie uns zum unversiegbaren Quell innerer Kraft, Inspiration und Freude. Ja sie ist die Wurzel der geistigen Erneuerung des Menschen. Sie bewirkt ein Überfließen aus einer Überfülle von sublimiertem Eros und innerer Ekstase. Das ist es, was Jesus meint, wenn er sagt: 'Ich will euch die Fülle des Lebens geben.'
Das ist der Grund, warum alle Eingeweihten und alle geistigen Wege sexuelle Mäßigkeit, ja oft Enthaltsamkeit fordern, denn anstelle der physischen Zeugung eines leiblichen Kindes kann sie zur geistigen Selbstzeugung und -erneuerung, zur Zeugung des Kosmischen Kindes, des Christkindes oder Christusbewusstseins in uns gebraucht werden, die zur Geburt aus dem Heiligen Geist führt. Urbild dieser Wandlung in unserer Kultur ist die Minne, der Liebesdienst der Ritter für eine unerreichbare Geliebte, die dessen Seele beflügelt, inspiriert und zu außergewöhnlichen Taten befähigt. So hießen die Minnesänger in Italien denn auch die 'trovatori', die Findenden! 'Das Ewig Weibliche' - Bild der reinen göttlichen Liebe - zieht uns hinan.' (Goethe).
Tatsächlich ist die sexuelle Kraft Heiliger Stoff und nicht umsonst nennen die esoterischen Traditionen das Sexualzentrum sakral oder heilig. Es ist jene Substanz, die einen Menschen zu einem spirituellen Menschen oder gar Meister macht, die jemandem diese ungeheure Ausstrahlung verleiht, die so viele Menschen anzieht. Es ist die gleiche Kraft, durch die sich der Christus in Jesus manifestierte, die Kraft des Heiligen Geistes. Ja, der Heilige Geist ist die Essenz, das Substrat der sexuellen Substanz. Die Inder nennen sie die Kundalini, dargestellt als Schlange.

Ihre Ausbeutung und ihr Missbrauch bewirken den Abbau und Verfall unseres geistigen Kerns
Das ist die so wenig verstandene Sünde wider den Heiligen Geist. Wir sehen, welche Fülle von Geheimnissen sich in der Sechs verbergen. Sie vermittelt uns einen Blick sowohl in die höchsten Höhen des Geistes als auch in den Abgrund der Schöpfung und des Unterbewussten. Die Aufgabe beziehungsweise Prüfung, die uns hier mit der Sechs begegnet, ist die Versuchung durch die Schlange, die Wandlung und Vergeistigung der Sexualität, denn gerade wo in der Fünf der Mensch und die Fähigkeit des Liebens in ihm erwachen, erwacht auch der EROS, der den Menschen zur höchsten Vollendung und zur Fülle des Lebens führen will. Die Sechs ist also die Zahl der Entscheidung und der Wende. ...."


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