Der Ruf des Todes - Seneca (alle)

Devino M., Sonntag, 28. April 2019, 00:11 (vor 1824 Tagen)

Seneca: Briefe an Lucius [Epistulae ad Lucilium] 91

Der Tod hat einen schlechten Ruf. Niemand von denen, die gegen ihn Klage erheben, hat ihn erfahren. Aber es ist doch leichtfertig, etwas zu verurteilen, was man nicht kennt. Die hingegen weißt du: für wie viele er nützlich ist, wie viele er von Qualen befreit, von Not, Klagen, Martern und Lebensekel.
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Hinsichtlich des Todes wird schnell an all die schönen Dinge gedacht, die man hätte ja machen können, wenn der Tod nicht wäre. Doch wenig wird der schlechten Dinge gedacht, was durch den Tod alles wem erspart bleiben mag.

So kann man wohl durchaus sagen, dass vielleicht manch Gutes sich nicht mehr ereignen kann. Doch mit größerer Gewissheit kann man sagen, dass vieles Schlechte sich nicht mehr ereignen kann. Denn so lange körperlicher Verfall eine Folge ist, ist größerer Leid gewiss, doch die guten Dinge, die sind nicht ebenso gewiss. Denn man braucht nicht unbedingt viel des Lebens, um sich das Gute zu Erfüllen, was man unbedingt wollte.

Es ist wohl besser mit Würde abzutreten, als diese selbst täglich zu Grabe zu tragen.


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