Machtbewusstsein und Masse - Le Bon (alle)

Devino M., Sonntag, 17. Februar 2019, 16:53 (vor 1888 Tagen) @ Devino M.

Psychologie der Massen - Gustave Le Bon
1.B.2.K.I. Triebhaftigkeit, Beweglichkeit und Erregbarkeit der Massen

Die Masse ist nicht nur triebhaft und wandelbar. Gleich dem Wilden lässt sie nicht zu, dass sich zwischen ihre Begierde und die Verwirklichung dieser Begierde ein Hindernis erhebt, umso weniger, als ihre Überzahl ihr das Gefühl unwiderstehlicher Macht gewährt. Für den einzelnen in der Masse schwindet der Begriff des Unmöglichen. Der allein stehende einzelne ist sich klar darüber, dass er allein keinen Palast einäschern, keinen Laden plündern könnte, und die Versuchung dazu kommt ihm kaum in den Sinn. Als Glied einer Masse aber übernimmt er das Machtbewusstsein, das ihm die Masse verleiht, und wird der ersten Anregung zu Mord und Plünderung augenblicklich nachgeben. Ein unerwartetes Hindernis wird wütend zertrümmert. Wenn der menschliche Organismus dauernde Wut zuließe, so könnte man die Wut als den normalen Zustand der gehemmten Masse bezeichnen.
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Im Grunde spiegelt sich durch die Masse ein ungezogenes kleines Kind, das keine Grenzen kennt und unbescholten ist, weil es nicht sich selbst soweit erkennt, als das es sich angesprochen und verantwortlich machen könnte.

Doch kann man Hoffnung hegen, dass genau dieses Kind irgendwann erwachsen wird. Dann kann man auch konstruktiv die Masse als Widerspiegelung im Sinne ihres Willens mit gebrauchen. Aktuell ist es eher so, dass man zusehen muss, wo die Masse sinnvoll gehemmt werden kann und sollte, da sie selbst dazu nicht in der Lage ist.

Das erklärt auch, warum manche nicht in der Lage sind anzuhalten. Einfach weil nicht sie das Ruder in der Hand halten, sondern die jeweils bestimmte Masse in ihnen. Nur dann wieder die Frage, wem kann man dann noch welchen Vorwurf machen? Wirft man der Masse etwas vor, dann ist da ja doch kein einzelner dem sich was sagen ließe. Wirft man dem Einzelnen etwas vor, dann kann er ja doch nichts damit anfangen, da er dies alles gar nicht ist, sondern die bestimmte Masse in und durch ihn. So teilt er zwar die Neigungen und Bestrebungen der Massen, weil er sie in sich nicht kultivieren vermag, doch er kann sich für diese Summe auch gar nicht verantwortlich ansehen und begreifen.


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