Wohlgefallen am Guten - KdU (alle)

Devino M., Freitag, 27. April 2018, 18:18 (vor 2197 Tagen) @ Devino M.

Kritik der Urteilskraft - I. Kant
§4. Das Wohlgefallen am Guten ist mit Interesse verbunden

Gut ist das, was vermittelst der Vernunft, durch den bloßen Begriff, gefällt. Wir nennen einiges wozu gut (das Nützliche), was nur als Mittel gefällt; ein anderes aber an sich gut, was für sich selbst gefällt. In beiden ist immer der Begriff eines Zwecks, mithin das Verhältnis der Vernunft zum (wenigstens möglichen) Wollen, folglich ein Wohlgefallen am Dasein eines Objekts oder einer Handlung, d.i. irgendein Interesse, enthalten.

Um etwas gut zu finden, muss ich jederzeit wissen, was der Gegenstand für ein Ding sein solle, d.i. einen Begriff von demselben haben. Um Schönheit woran zu finden, habe ich das nicht nötig. Blumen, freie Zeichnungen, ohne Absicht ineinandergeschlungene Züge, unter dem Namen des Laubwerks, bedeuten nichts, hängen von keinem bestimmten Begriffe ab und gefallen doch. Das Wohlgefallen am Schönen muss von der Reflexion über einen Gegenstand, die zu irgendeinem Begriffe (unbestimmt welchem) führt, abhängen; und unterscheidet sich dadurch auch vom Angenehmen, welches ganz auf der Empfindung beruht.
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Nur weil etwas partiell als gut gilt, ist es nicht überhaupt oder in allen Dingen gut. Nur weil etwas allgemein gut ist, ist es das nicht in jedem Zusammenhang und auf alle Dinge hin bezogen. Denn wie der Tod für einen Teil eine Befreiung darstellt, für einen anderen Teil tatsächlich den Tod, ist es also nicht in jeder Hinsicht gut oder schlecht daher.

Die Affinität zum Guten kann dem, der nicht immer gut handelt, nicht grundsätzlich oder an sich abgesagt werden. Im Grunde, selbst der Schlechte (im relativen Rahmen der Verhältnisse), sieht sich selbst nicht grundsätzlich schlecht, auch wenn er oft wissen mag, dass nicht alles Recht ist. Er wird für gewöhnlich dann dieses in einen Rahmen stellen und einer Ausrichtung unterstellen, die dieses akzeptabel oder sogar als begründet ansieht.

Der Mensch ist nunmal ein zusammengesetztes Wesen aus vielem. Und mit Recht kann man sogar sagen, dass etwas, aus einem seiner Teile entstammendes, nicht für ihn grundsätzlich allgemein oder umfassend gilt. Wenngleich man anmerken müsste, dass die meisten auch nicht ohne Grund dort sind und in dem, wo sie sind.

Vieles kann man gar nicht wählen, oder man kann es nur wählen, um festzustellen, dass man bereits gewählt hat und alles andere nur eine formelle Luftnummer abgibt. Auch kann man sagen, dass vieles in Verhältnissen oder in einem gewissen Rahmen in Ordnung ist, wenn und weil es nicht über diesen ausgemachten Rahmen hinausgeht, vor allem wenn sich alles darin befindende damit übereingeht.

Doch kann man auch sagen, so wollte man durch eine Tür oder Pforte gehen, muss man dieses in seiner Gesamtheit tuen. So führt ab diesem Zeitpunkt dann auch kein Weg daran vorbei, ein Wohlgefallen am Guten zu entwickeln und die gewisse Summe bei sich so auf Kurs zu bringen, dass man sich als würdig erweist, und durch eine Pforte auch hindurchgehen kann.


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