Synthesis der Unterscheidung - LU (alle)

Devino M., Montag, 26. März 2018, 01:03 (vor 2230 Tagen)

Logische Untersuchungen - Edmund Husserl - 2.Band VI. 1.K.
§11. - Enttäuschung und Widerstreit. Synthesis der Unterscheidung -

In der weiteren Sphäre der Akte, welche überhaupt Unterschiede der Intention und Erfüllung zulassen, reiht sich der Erfüllung, als ihr ausschließender Gegensatz, die Enttäuschung an. Der zumeist negative Ausdruck, der hierbei zu dienen pflegt, wie z.B. auch der Ausdruck Nichterfüllung, meint keine bloße Privation der Erfüllung, sondern ein neues deskriptives Faktum, eine so eigenartige Form der Synthesis wie die Erfüllung...
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In der hier fraglichen "Unterscheidung" erscheint der Gegenstand des enttäuschenden Aktes als nicht-derselbe", als "anders" wie der Gegenstand des intendierenden Aktes. Diese Ausdrücke weisen jedoch auf allgemeinere Sphären von Fällen hin, als welche wir bislang bevorzug haben. Nicht bloß die signifikativen, sondern auch die anschaulichen Intentionen erfüllen sich in der Weise der Identifikation und enttäuschen sich in der Weise des Widerstreits...
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Durch die Identitätsbeziehung entsprechen sich erst die nicht zur Deckung gekommenen Momente; statt sich durch Erfüllung zu "verknüpfen", "trennen" sie sich vielmehr durch Widerstreit, die Intention wird auf das ihm nun zugeordnete der Anschauung hingewiesen, wird von diesem jedoch abgewiesen...
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Eine Intention enttäusch sich in der Weise des Widerstreits nur dadurch, dass sie ein Teil einer umfassenderen Intention ist, deren ergänzender Teil sich erfüllt. Bei einfachen bzw. vereinzelten Akten ist also von Widerstreit keine mögliche Rede.

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Im Grunde erfüllt sich immer etwas, das wesentlichere daran ist wohl, dass es sich nicht zum Erhofften hin verändert hat. Man hat sich z.B. etwas vorgenommen und arbeitet darauf hin, doch aus irgendwelchen Gründen muss man erkennen, dass die Erfüllung nicht erfolgt. Sicher ist man dann enttäuscht, obwohl man ja nichts verloren hat, von ggf. der Hoffnung selber abgesehen auf eine Erfüllung der Intention.

Genau genommen bleibt einem sogar all das, was man innerlich dabei erarbeitet hat und woran man selbst gewachsen ist. Es ergibt sich nur kein Akt daraus, der einer entsprechenden Erfüllung entspricht. Dabei kann das, was sich erfüllt, oft schnell vergangen und wieder vergessen sein.

Vielleicht wird man sich in so einem Moment, wo sich das erfüllt, was der intentionalen Erfüllung zuwiderläuft, sich zurückziehen wollen. Was wohl keiner unnatürlichen Reaktion entspräche. Doch der Weg nach vorne, dass man z.B. alles in einen noch größeren Verhältniszusammenhang stellt, kann tatsächlich noch erfüllender sein und dazu hilfreich. Denn vom Gesamtzusammenhang ist Links und Rechts nur eine Richtung. Und dies was sich in einem privatisierenden Rahmen erfüllt, hat keine Bewandtnis für alles was Jenseits dessen liegt usw.

In Anbetracht dessen, dass meist nur die Nichterfüllung einer Intention vorliegt, mit welcher es an Deckungserfüllung ermangelt, und es wohl dem natürlicheren Gang der Dinge sogar entspricht, dass weit weniger Intentionen eine Erfüllung finden, als derer welchen dies abgeht, ist man selbst nicht weniger dadurch, wenn das entfällt, was noch gar nicht da war.

Der subjektive Pfad und alles darauf Entwickelte, ist oft das, was ohnehin größeren Wert hat. Zum einen, weil es näher im Geist steht und bleibt, zum anderen weil es mehr enthält, als einen nur kurzen Moment der materialisierten Deckungserfüllung. Wenn in Zukunft mehr alles sich vom Materialismus lösen wollte, wird das veräußerlichte Ergebnis an Bedeutung verlieren müssen...


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