Existenz - Ethik (alle)

Devino M., Sonntag, 10. Juni 2018, 23:48 (vor 2153 Tagen)

Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt - Baruch de Spinoza
1.T. - Von Gott - Definitionen

1. Unter Ursache seiner selbst verstehe ich das, dessen Essenz Existenz einschließt, anders formuliert das, dessen Natur nur als existierend begriffen werden kann.

4. Unter Attribut verstehe ich das, was der Verstand an einer Substanz als deren Essenz ausmachend erkennt.

8. Unter Ewigkeit verstehe ich die Existenz selbst, insofern sie als etwas begriffen wird, das aus der bloßen Definition eines ewigen Dinges notwendigerweise folgt.
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Als Leben könnte man definieren, es wäre der unbedingte Wille zu existieren. D.h. noch nicht Leben in der Form, dieses ist wohl mehr mit dem Ausarbeiten von Attribut-Qualität verbunden, weniger mit dem Willen zur Existenz an sich. Das höchste Recht gilt daher der Existenz, vor vielem anderen.

Nach derzeitigem Verständnis kann man annehmen, dass die Christenheit im weitesten Sinne in der Ablehnung der Reinkarnation als Basis ihrer Lehre nicht ganz unrecht hat. Es ist sicher eine Frage dessen, worauf diese Bezug nimmt. Denn die Persönlichkeit die einmal ist, und sobald sie ins Geistige zurückbeordert wurde, wird nicht mehr inkarnieren. Sie wartet dann, nach gewisser Aufarbeitung, darauf, dass ein Seelenteil den Christus verwirklicht. Vielmehr wird also von der Seele eine neue Persönlichkeit gebildet, die beim nächsten Lauf mit aktuelleren Seelenanteilen ihre Reise antritt.

Das geht wohl so lange so, bis das Christus-Selbst ausgebildet wurde und alle Inkarnationen zu einer Gesamtheit verbindet. Vom Stand der Seele aus, gibt es natürlich so etwas wie Inkarnation. Denn die Seele hört nicht auf zu sein, ganz ihrer Natur nach, wie es auch in der Bhagavad Gita heißt. Weder in Inkarnation, was wohl mehr der Arbeit an Attributen entspricht, noch in dem Zustand ohne Verkörperung, was wohl mehr die Arbeit an Aspekten betrifft.

Belegkraft - Ethik

Devino M., Donnerstag, 14. Juni 2018, 00:19 (vor 2150 Tagen) @ Devino M.

Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt - Baruch de Spinoza
1.T. - Von Gott

Lehrsatz 14:
Außer Gott kann es keine Substanz geben und keine begriffen werden.

Beweis:
Da Gott ein unbedingt unendliches Seiendes ist, von dem kein Attribut, das eine Essenz von Substanz ausdrückt, verneint werden kann, und da er notwendigerweise existiert, müsste, wenn es irgendeine Substanz außer Gott gäbe, diese durch irgendein Attribut Gottes erklärt werden; und dann existierten zwei Substanzen desselben Attributes, was widersinnig ist; mithin kann es keine Substanz außer Gott geben und folglich auch keine begriffen werden. Denn könnte eine solche begriffen werden, müsste sie zwangsläufig als existierend begriffen werden; das ist (nach dem ersten Teil dieses Beweises) widersinnig. Also kann es außer Gott keine Substanz geben und keine begriffen werden.

Folgesatz 1:
Hieraus folgt ganz klar, 1. dass Gott einzig ist, d.h., dass es in der Natur nur eine Substanz gibt und diese unbedingt unendlich ist, wie wir in der Anmerkung zu Lehrsatz 10 schon angedeutet haben.

Folgesatz 2:
Es folgt 2., dass ein ausgedehntes Ding und ein denkendes Ding entweder Attribute Gottes sind oder Affektionen der Attribute Gottes.

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Folgerichtig kann man sagen, dass Gott nicht widerlegt werden kann, weil es nichts gibt, was außer ihm ist. Andererseits ist der Beleg schwierig, denn man kann nicht mehr oder überhaupt etwas auftürmen, was nicht Gott ist, folglich hat er den Beleg selbst auf seiner Seite, und alles andere würde wieder im ersten Satz münden.

Geht man dahin zu sagen, es gibt einen Gott und es gibt eine Schöpfung, die durch die Macht Gottes entstanden ist, wieso hat man nicht den direkten Erweis des Einwirkens der Macht auf die Schöpfung, die sich umgehend beobachten oder erkennen ließe? Und womit man Gott umgehend erkennen und erfassen könnte?

Folglich bleibt also, unter der Annahme, es sei alles eine Substanz, die zugleich Gott ist, da es nichts außer ihm gibt, zu sagen, dass wir nur selbst für uns den Erweis durch Gott in uns erzeugen und erfahren können. Denn andernfalls führte es zum Versuch, Gott widerlegen zu wollen, so wollte man außerhalb seiner Selbst hiernach suchen.

Selbstbewusstsein - Ethik

Devino M., Sonntag, 17. Juni 2018, 02:25 (vor 2147 Tagen) @ Devino M.

Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt - Baruch de Spinoza
1.T. - Von Gott


Lehrsatz 19:
Gott [ist ewig], d.h. alle Attribute Gottes sind ewig.

Beweis:
Gott ist nämlich eine Substanz, die notwendigerweise existiert, d.h. zu deren Natur es gehört zu existieren, oder (was dasselbe ist) aus dessen Definition folgt, dass er existiert; mithin ist er ewig. Sodann ist unter Gottes Attributen das zu verstehen, was eine Essenz der göttlichen Substanz ausdrückt, d.h. was zu Substanz gehört; genau das, sage ich, müssen die Attribute selbst in sich schließen. Zur Natur von Substanz gehört aber Ewigkeit. Also muss jedes der Attribute Ewigkeit in sich schließen; mithin sind alle ewig.

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Um bei Tieren ein Selbstbewusstsein festzustellen, wird ihnen zum Test ein Spiegel vorgehalten. Wenn die Tiere darauf wie auf ein anderes wildes Tier reagieren und nur die Wilde Natur darin erkennen, dann wird angenommen, dass sie kein Selbst-Bewusstsein besitzen und sich selbst nicht erkennen können. So als würde ihnen der Funke fehlen, der ihnen anzeigt, was sie selbst sind oder nicht sind.

Nun, wenn Gott nur Ewigkeit und Unendlichkeit kennt, wie könnte er sich also in irgend einer Art von Begrenztheit erfahren und erkennen können? Wenn er alles ist, und alles ist in ihm, wie kann also begrenzte Menschen überhaupt in dem Sinne in dem Einen der alles ist und aus dem alles ist und der ewig ist, existieren? Wenn dem Menschen unschwer eine gewisse Endlichkeit und Begrenztheit sich zuordnen lässt, wie könnte er in dieser Weise also göttlich und in Gott sein?

Also könnte man annehmen, dass der Mensch nur eine Idee ist, und das was gedacht wird existiert ja nicht notwendig als Substanz (von Denkstoff als solchem abgesehen). Doch wie sollte er erkennbar sein, wo nichts wäre? Doch die Auflösung ist denkbar einfach, der Mensch erkennt sich nicht, nicht als göttlich, das muss für Gott aber nicht so sein, in Ansehung des Menschen. Also besteht die Endlichkeit des Menschen zunächst in der Erkenntnis seiner selbst und im Bewusstsein seiner selbst.

So erklärt sich auch, warum viele über sich selbst reden, oder sogar nur über sich reden, in Ansehung dessen, was und wie sie sich in allem erkennen. Einmal in Selbstbewusster Weise, einmal ohne ein Bewusstsein ihrer selbst. Doch bliebe dann die Frage, existiert ein Mensch auch, wenn er seine Göttlichkeit nicht erkennt? Oder ist es nur eine Art Idee, eine Art von Stoff, eine Art von Materie, die sonst nicht ist, soweit sie in Gott nicht enthalten wäre?

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