Goethe - Das Gewissen (alle)

Die Pyramide, Freitag, 22. Juli 2016, 07:35 (vor 3117 Tagen)

Wenn euer Gewissen rein ist, so seid ihr frei.

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Beim Gewissen darf man ehrlich mit sich sein. Man muss das Gewissen auch in seiner Tiefe verstehen. Ein gutes Gewissen = Rechte Beziehung. Alle Notwendigkeit ist abgearbeitet, man kann in Ruhe sterben. Das Gewissen muss erst über lange Zeit geschult werden, nicht jeder wird an den gleichen Massstäben gemessen. Irgendwann gibt es keine Getrenntheit mehr und man arbeitet nur noch fürs Ganze.
Man könnte in der Erziehung auch mehr auf das natürliche Gewissen setzen, anstatt mit Gewalt irgendwelche Regeln durchzusetzen. Da ist das Kind, der Mensch dann nämlich draussen.

Kant - Gewissenskultivierung und Verstandestraining

Vinaya El Michaela, Samstag, 23. Juli 2016, 02:20 (vor 3116 Tagen) @ Die Pyramide


Was ist das 'Gewissen'?

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....Das Gewissen als Bewusstsein eines inneren autonomen Gerichtshofs im Menschen, „vor welchem sich seine Gedanken einander verklagen und entschuldigen“ (Kant, Metaphysik der Sitten, 1797, Anmerkungen zur Tugendlehre;

Es sei eine „sich selbst richtende moralische Urteilskraft“. Der Mensch sei dabei sein eigener Ankläger, Angeklagter und (als Gott vorgestellter) Richter.

Ermöglicht werde diese Gewissensautonomie durch die Vernunftautonomie jedes Menschen.

Jeder habe nämlich die Möglichkeit, unabhängig von Kirche, Gesellschaft und Tradition vernünftig und moralisch im Gewissen zu urteilen. Er sei frei in seinem Gewissen – wenn er denn über sich selbst zu Gericht sitze.

Eine Gewissensbildung ist nach Kant eigentlich unnötig.

Jeder könne jederzeit seinen „inneren Gerichtshof“ eröffnen. Aber bei vielen sei diese Fähigkeit verdunkelt.

Deshalb sollten Pädagogen zwei Dinge fördern:
Verstandestraining und Gewissenskultivierung. Diese Übungen seien notwendig, damit jeder jederzeit sich selbst richten kann.

Dieses kantische Konzept wirkt bis heute nach.

Das Grundgesetz (Artikel 4,3) und das entscheidende Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Wehrdienst von 1961 haben es übernommen:

'(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.'


In der → Pädagogik und → Religionspädagogik ist es allerdings obsolet geworden. Die Erfahrung spricht gegen einen „inneren Gerichtshof“. Und für irrtumsfrei hält man ihn erst recht nicht.


2X4 MACHT 9- PIPPI LANGSTRUMPF


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C.G. Jung - Gewissen als Archetyp -Gewissensbildung

Vinaya El Michaela, Samstag, 23. Juli 2016, 02:35 (vor 3116 Tagen) @ Vinaya El Michaela

Carl G. Jung (1875-1961) unterschied zwischen einem moralischen und einem ethischen Gewissen (1958, 185-202).
In der Zweistöckigkeit der menschlichen Psyche (oben: Bewusstsein und Persona; unten: Unbewusstes und Archetypen) produziere das Unbewusste.

Handlungsvorstellungen, die der allgemeinen Moral oft widersprächen, die der einzelne aber mit der allgemeinen Moral meistens harmonisiere, um nicht in Konflikte zu geraten; das gebiete ihm sein moralisches Gewissen.

Sein Bewusstsein dagegen harmonisiere sich nicht mit der allgemeinen Moral, sondern durchleuchte den anstehenden Konflikt ethisch und entscheide sich gegebenenfalls gegen die allgemeine Moral; das gebiete ihm sein ethisches Gewissen.

Beide Gewissen speisten sich aus einem Archetyp-Urgewissen, das ein kollektives Unbewusstes darstelle. Es repräsentiere Mythen, Märchen, Träume und Delirien, welche die Menschheit immer wieder berührt hätten. Mutter- und Vaterfiguren, tapfere Soldaten, Heilige, Vorbilder der Nächsten- und Feindesliebe, Märtyrer und so weiter seien unbewusste Archetypen, welche das Gewissen ins Bewusstsein transportiere.

Dieses Archetyp-Gewissen sei keine Natur-Anlage, sondern ein kollektiv ererbtes Bewusstsein. Es sei frei, aber fehlbar.

Gewissensbildung hat bei Jung die Aufgabe, die unbewussten kollektiven Archetypen ins Bewusstsein zu heben und die anstehenden moralischen und ethischen Konflikte zu begleiten.

Kant vs. Utilitarismus - Kants Pflichtethik/ Kategorischer Imperativ & Utilitarismus im Vergleich

Bonhoeffer - Das befreite schuldlose Gewissen

Vinaya El Michaela, Samstag, 23. Juli 2016, 02:44 (vor 3116 Tagen) @ Vinaya El Michaela

Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) brandmarkte Kants Gerichtshof und jedes natürliche Anlage-Gewissen als Selbstrechtfertigungsorgan im ethisch entzweiten „adamitischen“ Menschen.

Dieser müsse sich durch → Christus von solcher Selbstrechtfertigung befreien lassen, um sich „mit dem Bewusstsein eines unverdorbenen Kindes“ ein freies und fröhliches Gewissen schenken zu lassen (Bonhoeffer, 1992, 6,276-283; und „Widerstand und Ergebung“, 1998, 8,21-23).

Der „Mann des Gewissens“ (eine Ironisierung Kants) „salviere“ nur sein Gewissen mit Prinzipien, Normen und Gesetzen, wie z.B. ‚Man darf sich an keinem Attentat beteiligen‘ oder ‚Man muss der Obrigkeit immer gehorchen‘ oder ‚Man darf niemals schuldig werden‘.

Christus selbst, so Bonhoeffer, habe alle diese Prinzipien übertreten als er, stellvertretend für die, die keinen Widerstand gegen unmenschliche Gesetze gewagt hätten, Protest gewagt habe und deshalb schuldlos schuldig gekreuzigt worden ist. Er hätte „Gott mehr gehorcht als Menschen“.

Ich hab nen Freund

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Erich Fromm - Das humanistische Gewissen

Vinaya El Michaela, Samstag, 23. Juli 2016, 02:54 (vor 3116 Tagen) @ Vinaya El Michaela

Erich Fromm (1900-1980) wagte nach dem Zusammenbruch von 1945 als erster, wieder von einem „humanistischen Gewissen“ zu reden (1954, 158-187).

Er unterschied zwischen autoritärem und humanistischem Gewissen.
Ersteres sei wie Freuds Über-Ich-Gewissen eine nach innen verlegte rigide äußere Autorität, ein Unterwerfungs- und Gehorsamsprodukt.

Das humanistische Gewissen dagegen spreche als eigene Stimme aus der Tiefe des Individuums.

Jeder Mensch trage beide Gewissen in sich: das heteronom-autoritäre und das autonom-humanistische. Deshalb sei es auch der Gewissenserziehung nicht möglich, Menschen vom heteronomen zum autonomen Gewissen zu führen, weil eben auch im autonomen Gewissen noch heteronome Züge enthalten seien.

Für Fromm ist das Gewissen entweder fremdbestimmt oder fremd- und selbstbestimmt. Ein rein selbstbestimmtes Gewissen gibt es für ihn nicht.

Gewissen

Jean Piaget - Gewissen die heteronome Moral

Vinaya El Michaela, Samstag, 23. Juli 2016, 03:08 (vor 3116 Tagen) @ Vinaya El Michaela

Jean Piaget (1932; 1952)spricht nicht von „moralischer Autonomie“. Diese würde jeder – wenn überhaupt – erst am Ende seiner moralischen Entwicklung, also im fortgeschrittenen Alter erreichen .

Nach Piaget pflegen Kinder in der Regel eine mythisch-heteronome Moral beziehungsweise einen moralischen Realismus: Spielregeln, Lebensgewohnheiten und Gesellschaftsnormen seien, so glauben die Kinder, seit Ewigkeit vorgegeben und dürften nicht verändert werden.

Im fortgeschrittenen Jugend- und Erwachsenenalter aber wandle sich das zu einer vernünftig-autonomen Moral beziehungsweise zu moralischer Autonomie, wenn erkannt wird, dass man Regeln, Gewohnheiten und Normen vernünftig verändern kann und soll.

Solche moralische Autonomie setzte Piaget einem Gewissen gleich. Es sei das Produkt einer moralischen Entwicklung, das heißt ein Produkt aus inneren und äußeren Einflüssen, aus kognitiven und affektiven Fähigkeiten und aus Reifung und Umweltassoziation.

Es sei keine Instanz, sondern ein Bewusstsein – das Bewusstsein moralischer Autonomie. Erworben werde dieses Bewusstsein im Lebenslauf, besonders durch Sozialisation in der peer-group .


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Die heteronome Moral nach Jean Piaget ist ein Stadium der moralischen Entwicklung, das durch Gehorsam gegenüber Autoritäten und ein starres Festhalten an übernommenen Regeln und Normen gekennzeichnet ist. Dabei orientiert sich das moralische Urteil an der Höhe des angerichteten Schadens und nicht an der zugrunde liegende Absicht. Jean Piaget konzentrierte sich bei seinen Untersuchungen zur Moralentwicklung vor allem darauf ob die Regeln eines bestehenden Systems von Kindern in unterschiedlichen Altersstufen anerkannt wurden, den ihm ging es darum herauszufinden, ob die Kinder bestehende Regeln beachteten, hinterfragten und ob sie sich überhaupt der Bedeutung von Regeln bewusst waren. Die vor allem von den Erwachsenen aufgestellten Regeln sind in diesem Stadium der heteronormen Moral nicht veränderbar. Den Kindern werden von den Erwachsenen Grenzen aufgezeigt, welche wiederum deshalb notwendig sind, weil die Kinder einerseits noch sehr „egozentrisch denken“ und andererseits „nicht richtig zwischen ihren eigenen Gedanken und der realen Welt unterscheiden können

Quelle: http://lexikon.stangl.eu/7356/heteronome-moral/
© Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik

ETHIK-MORAL-GEWISSEN

Rudolf Steiner- Sittliches Urteil wird zu dauerndem Gewissen

Vinaya El Michaela, Samstag, 23. Juli 2016, 03:20 (vor 3116 Tagen) @ Vinaya El Michaela

"Alle Gewohnheiten sind im Ätherleibe oder Lebensleibe. Wenn wir ein sittliches Urteil fällen, so ist das wieder eine Tat des astralischen Leibes. Wenn sich uns eine gewisse Richtung des Urteilens durch wiederholtes Urteilen einprägt, so wird das sittliche Urteil zu einem dauernden, zum Gewissen.

Das sittliche Urteil ist ein Erlebnis des astralischen Leibes, das Gewissen ist ein Erlebnis des Äther- oder Lebensleibes." (Lit.: GA 057, S. 273)

"Das menschliche Gewissen ist etwas, was uns ja im Tiefsten der Seele berühren muß.
Und wo uns seit Jahrhunderten Philosophen oder sonstige Denker über die Welt entgegentreten, da ist es in der Regel auch die Frage nach dem, was man das menschliche Gewissen nennt, die sie interessierte.
Man könnte nun gerade einer solchen Erscheinung wie dem Gewissen gegenüber sich leicht einer Illusion hingeben: der Illusion, die hier schon öfter eben als Illusion bezeichnet worden ist, und die darin bestehen würde, daß man glaubte, alles was in der menschlichen Seele heute gegenwärtig ist, das sei schon immer dagewesen.

Wir haben aber gesehen, daß die verschiedensten Seelenfähigkeiten und Seelenvorgänge, welche sich im Menschen im Laufe der Jahrtausende entwickelt haben, in der Urzeit ganz andere waren, als sie gegenwärtig sind.

Und auch mancherlei von dem, was wir heute als das Teuerste, als das Bedeutsamste besitzen in unserem Seelenleben, haben unsere Seelen nicht gehabt, als sie vor vielen Jahrtausenden in anderen Verkörperungen auf der Erde wandelten.

Das Durchgehen durch verschiedene Verkörperungen hat ja einen Sinn. Wir haben das oft betont. Es hat den Sinn, daß die Seele, indem sie sich von Verkörperung zu Verkörperung entwickelt, immer neue Fähigkeiten und Kräfte sich aneignen kann, daß die Seele wirklich eine Geschichte durchmacht, daß ihr Erdendasein eine Lehrzeit ist, daß sie etwas anderes gewesen ist in der Zeit, als unsere Verkörperungen begonnen haben, und etwas anderes ist jetzt, und etwas anderes sein wird in einer fernen Zukunft.


Auch das menschliche Gewissen, dieses teure Gut der Menschenseele, welches wie eine Gottesstimme ruft gegenüber dem Guten und gegenüber dem Bösen in jedem individuellen Menschen, auch diese teure Gabe des menschlichen Innern ist nicht immer dagewesen.

Auch dieses Gewissen ist etwas, was sich entwickelt hat. Und es ist sogar verhältnismäßig noch nicht lange her, seit sich dieses menschliche Gewissen ankündigte und sich seitdem immer weiter und weiter entwickelt hat.

Und wenn es auch ein teures Gut ist, so ist es dennoch nicht dazu berufen, immer in derselben Weise durch alle folgenden Inkarnationen hindurch in der menschlichen Seele zu leben, so wie jetzt.

Es wird sich weiter entwickeln, es wird andere Gestalten annehmen, wird sich erweisen als etwas, was sich der Mensch anzueignen hat, was ihm Früchte tragen wird, und was in späteren Zeiten, wenn er diese Früchte haben wird, etwas sein wird, auf das er zurückblickt und sagt: Es gab eine Epoche, da wurde es mir möglich, auf dem Durchgange von Inkarnation zu Inkarnation meinem Seelendasein das einzuverleiben, was das Gewissen ist, und jetzt habe ich die Früchte von dem, was ich einst meiner Seele einverleibt habe. -

Wie wir heute zurückschauen auf eine Zeit, wo unsere Seelen in anderen Verkörperungen waren und das noch nicht hatten, was wir heute Gewissen nennen, so werden in späteren Zeiten unsere Seelen einstmals zurückblicken auf unsere gegenwärtigen Inkarnationen und werden sagen:

Heil jener Vergangenheit! Dank jenen Gaben, die uns in der Vergangenheit geworden sind als menschliches Gewissen! Hätten wir damals nicht das menschliche Gewissen entwickeln können in unsern Seelen, so würde uns jetzt das fehlen, was wir brauchen zu dem jetzigen Leben! '.......

Das Gewissen im Menschen

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