Goethe - Essen (alle)
Die Pyramide, Samstag, 11. Juni 2016, 10:43 (vor 3135 Tagen)
Gut gesessen ist halb gegessen.
* * *
Sich entspannen.
Beim Essen sich entspannen.
Mit dem Ganzen in Verbindung treten.
Es ist immer eine Informationsaufnahme.
Man darf achtsam dabei sein.
Statt das Essen in sich reinzustopfen.
Wie bei jeder Tätigkeit, darf man auch beim Essen achtsam sein.
Achtsamkeit ist sowieso das Wichtigste.
Wird auch schon seit Jahrtausenden gelehrt.
Essen kann man für sich selbst, zur Nahrungsaufnahme, zum Genuss.
Man kann aber auch, gerade in öffentlichen Kontexten, für das Ganze essen und dabei etwas transformieren.
D.K. - Die Sexualfrage im Leben des Jüngers.
Die Pyramide, Samstag, 11. Juni 2016, 10:52 (vor 3135 Tagen) @ Die Pyramide
Die Sexualfrage im Leben des Jüngers.
Ich möchte noch etwas über das Thema der Sexualität im Leben des Jüngers sagen. In den Köpfen von Aspiranten herrscht viel Verwirrung über diese Sache. Hat doch die Betonung des Zölibats fast den Charakter einer religiösen Doktrin angenommen. Man hört oft Menschen, die es an sich gut meinen, denen aber die Logik fehlt, sagen, dass ein Jünger nicht heiraten könne und dass er in spirituellen Dingen nichts erreicht, wenn er nicht Junggeselle und enthaltsam bleibt. Diese Theorie hat ihre Wurzel in zwei Tatsachen:
Erstens gab es im Osten seit jeher eine falsche Einstellung der Frau gegenüber. Zweitens kam im Westen seit den Tagen Christi die Tendenz auf, ein klösterliches- und Ordensleben als spirituelles Leben zu betrachten. Diese beiden Einstellungen enthalten zwei falsche Auffassungen, welche die Ursache so vieler Missverständnisse und Übel sind. Ein Mann ist nicht wertvoller als eine Frau, und eine Frau ist nicht besser als ein Mann. Trotzdem halten viele Tausende die Frau für eine Verkörperung der Sünde und eine Quelle der Versuchung. Gott aber hat seit der Erschaffung des Menschen bestimmt, dass sich Mann und Frau in ihren gegenseitigen Bedürfnissen beistehen und ergänzen sollen. Gott hat nicht angeordnet, dass die Männer wie eine Herde zusammen leben sollen, abgesondert von Frauen oder die Frauen getrennt von den Männern; diese beiden grossen Isolierungen haben zu viel sexuellem Missbrauch und vielem Leid geführt.
Die Annahme, dass jemand, der ein Jünger sein will, ein eheloses Leben führen und sich aller natürlichen Funktionen enthalten müsse, ist weder korrekt noch erwünscht. Das kann leicht bewiesen werden, wenn man zwei Punkte anerkennt:
Erstens, wenn die Gottheit eine unleugbare Tatsache und allmächtig, allgegenwärtig und allwissend ist und wenn der Mensch ein Wesen göttlichen Ursprungs ist, dann kann es keinen Zustand geben, in dem die Göttlichkeit nicht die erste Stelle einnähme. Es kann demnach keinen Bereich menschlicher Tätigkeit geben, in dem nicht ein Mensch im Sinne Gottes handeln könnte und in welchem nicht alle Funktionen durch das Licht der reinen Vernunft und der göttlichen Intelligenz erhellt werden könnten. Ich gehe hier nicht auf das abwegige Scheinargument ein, dass alles, was klar denkende Menschen im Prinzip als falsch betrachten, als richtig zu stempeln sei, weil dem Menschen Göttlichkeit eingeboren ist. Das ist nur eine billige Entschuldigung für falsches Tun. Ich spreche von Sexualbeziehungen rechter Art, die mit dem spirituellen Gesetz und den Landesgesetzen in Einklang stehen.
Zweitens ist ein Menschenleben nicht vollständig, sondern eingeschränkt, gehemmt und abnorm, wenn nicht alle Funktionen seiner Natur - der tierischen, menschlichen und göttlichen - (und alle drei Naturen sind hier in einem Körper) ausgeübt werden. Dass nicht jeder heutzutage heiraten kann, ist wahr, doch diese Tatsache kann nicht den wichtigeren Faktor in Abrede stellen, dass Gott den Menschen zur Ehe schuf. Dass nicht ein jeder heute in einer Position ist, in der er ein normales und vollwertiges Leben führen kann, ist gleichfalls eine Folge unserer derzeitigen abnormen wirtschaftlichen Verhältnisse; doch das ändert nichts an der Tatsache, dass dieser Zustand naturwidrig ist. Ebenso ist es falsch, unnatürlich und unerwünscht, eine erzwungene Ehelosigkeit als Anzeichen einer tiefen Vergeistigung und als notwendiges Erfordernis für jegliche esoterische und spirituelle Praxis anzusehen. Für einen Jünger und Eingeweihten gibt es keine bessere Schulungsstätte als das Familienleben mit seinen zwingenden Verpflichtungen und vielerlei Umstellungen und Anpassungen, mit der Beanspruchung von Opfern und Dienstleistungen und den vielerlei Möglichkeiten, alle Register der menschlichen Natur spielen zu lassen. Kein grösserer Dienst kann der Menschheit geleistet werden, als den ins Leben tretenden Seelen physische Körper anzubieten und ihnen Pflege- und Erziehungsmöglichkeiten im Rahmen des häuslichen Herdes zur Verfügung zu stellen. Die Ehesituation und das ganze Problem des Familienlebens samt der Aufziehung von Kindern ist verfälscht und unrichtig verstanden worden; es wird lange dauern, bis Ehe und Kindersegen zum richtigen Sakrament werden, und es wird eine noch längere Zeit erfordern, bis die Schmerzen und Leiden, die unsere Fehler und Missbräuche der sexuellen Beziehungen nach sich zogen, verschwunden sind und bis die gegenwärtige falsche Gedankenrichtung durch die Schönheit und Heiligung der Ehe als Wegbereitung für inkarnierende Seelen ersetzt werden wird.
Der Jünger und Aspirant auf dem Schulungspfad und der Eingeweihte auf seinem «erhellten Wege» haben keine bessere Schulungsgrundlage als die ehelichen Beziehungen, wenn sie richtig genutzt und verstanden werden. Das Familienleben stellt die Forderung, die tierische Natur in Rhythmus und Zucht zu halten, die Gefühls- und Instinktnatur auf den Opferaltar emporzuheben und Entsagung zu üben; all das sind wirkungsvolle Mittel zur Läuterung und Höherentwicklung. Das Zölibat besteht darin, der höheren Natur den Vorrang vor der niederen zu geben; der geistig eingestellte Mensch soll von seiner Persönlichkeit und den Lockungen des Fleisches nicht beherrscht werden. Eine erzwungene Ehelosigkeit und Einschränkung seiner Körperfunktionen hat manchen Jünger dahin gebracht, seine gottgegebenen Funktionen und Fähigkeiten zu entwürdigen und zu missbrauchen; und selbst da, wo es diese betrüblichen Zustände nicht gab und das Leben der Betreffenden gesund, geweiht und ohne Tadel verlief, wurden viele in unverdientes Leid, in seelische Trübsal und harte Disziplin verwickelt, bis die aufrührerischen Gedanken und Neigungen gemeistert wurden.
Es ist natürlich richtig, dass manchmal ein Mensch in ein bestimmtes Leben beordert wird, in dem er sich dem Problem der Ehelosigkeit gegenübergestellt sieht und gezwungen ist, sich aller körperlichen Beziehungen zu enthalten und ein vollkommen keusches Leben zu führen, um sich selbst den Beweis zu erbringen, dass er seine tierische und Instinktnatur bezwingen kann. Aber diese Situation ist gewöhnlich das Resultat von Masslosigkeit und Zügellosigkeit in einem früheren Leben; das machte harte Massnahmen und aussergewöhnliche Bedingungen notwendig, um Fehler vergangener Zeiten auszugleichen und zu berichtigen und um der niederen Natur Zeit zu geben, sich wieder umzustellen. Ich wiederhole aber, dass das kein Anzeichen einer spirituellen Entwicklung, sondern das genaue Gegenteil ist. Man beachte bitte, dass ich hier den besonderen Fall des selbst auferlegten Zölibats im Auge habe und nicht an die weltweiten Zustände denke, die aus wirtschaftlichen und anderen Gründen Männer und Frauen zwingen, einem natürlichen und uneingeschränkten Leben zu entsagen.
Das sexuelle Problem muss seine letzte Lösung im Heim und unter normalen Bedingungen finden; es liegt an den fortgeschrittenen Menschen in der Welt und an den Jüngern aller Grade, das Problem auf diese Weise zu lösen.