Bauen für die Ewigkeit (alle)
Gegen Ende seines erfüllten Lebens gab der persische Sufi-Meister Rumi im 13. Jahrhundert tiefe Lebensweisheiten preis. Sie sprechen auch heute noch das Herz des Menschen an.
Meister Rumi sagte: „Wenn sich zeigt, dass etwas – auch in bester Absicht – letztlich aber doch schief gebaut wurde, muss man es wieder abreißen.“ Es geht darum, keine Flickschusterei an einem untauglichen, baufälligen Objekt zu betreiben. Man muss also als Architekt einen geeigneten Bauplan befolgen und die Bauphasen ständig überwachen. Dieses Prinzip des Bauens gilt für den Menschen wie auch für die ganze Menschheit.
Rumi stellte im Blick auf den Plan die berechtigte Frage: „Wie erlangen wir rechte Wahrnehmung?“ Und er antwortete: „Indem wir dem bisherigen Wissen entsagen.“ Das heißt alle ungeeigneten Pläne und Lebensentwürfe verschwinden lassen. Denn es soll etwas völlig Neues entstehen. Amos Comenius (1592 bis 1670) zum Beispiel sagte in diesem Zusammenhang: “Wir Menschen müssen uns auf das einzig Notwendige besinnen.“ Und Rumi fragte: „Wie können wir zum wahren Sein gelangen?“
Gereinigtes Wesen als Bauplatz
Kehrt man zum Baugedanken zurück, heißt das, dass zunächst der Bauplatz gesäubert werden muss, Raum geschaffen werden muss, ehe der Grundstein gelegt werden kann. Rumi sagte: „Indem wir unserem bisherigen Dasein entsagen." Dabei muss der Mensch selbstverständlich alle üblichen Pflichten im Alltag gewissenhaft erfüllen. Das gehört dazu, damit er geeignete Bausteine herantragen und zubereiten kann. Rechtes Behauen der groben Steine im Leben ist eine sehr fruchtbare Arbeit.
Deshalb stellte Rumi die Frage: „Wie finden wir die wahre Frucht des Geistes?“ Er hatte eine einleuchtende Antwort parat: „Indem wir die Hand nicht ausstrecken nach der Frucht der Täuschung.“ Das bedeutet, dass ein Mensch ein Unterscheidungsvermögen erworben haben muss. Denn vielfältig sind die Verlockungen und Wunschvorstellungen im menschlichen Wesen. Wer dem nachgibt, kann das grobe Material nicht bearbeiten.
Liebe als Mörtel
Was also ist nötig? Rumi beleuchtete die besondere Situation, in welcher der Mensch beginnt, sich Rechenschaft zu geben über seine bisherige Lebenssituation und die erforderliche Bauweise. Er zeigte, wodurch die rechte Erfahrung beim Bauen gewonnen wird. „Unsere Pflicht ist dies: Uns fügen und tun, was Gott gebietet.“
Die uneigennützige Liebe nimmt in dieser Aufforderung einen entscheidenden Platz ein. Der Baumeister muss lernen, mit dem Mörtel der Liebe zu arbeiten. In der chinesischen Gnosis wird das so ausgedrückt: „Solange Tao – die Liebe – nicht von oben nach unten fließen kann, gehorcht das Volk nicht. Dann herrscht eine Blockade, und die Menschen können ganz einfach keine geeigneten Bauleute sein. Denn alles wird dann ,schief gebaut'.“
Nur wenn die Regeln beim Bauen eingehalten werden, kann der Schlussstein für ein geistiges Zuhause zusammen mit vielen Gleichgesinnten gesetzt werden. Und in diesem Haus gibt es „viele Wohnungen“, so sagte einst Jesus zu seinen Jüngern. Es erfordert das Streben mit ganzem Herzen, um ein kundiger Baumeister zu werden.
Quelle:rosenkreuz.de
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