Kindheit in Ostpreußen (alle)

Sladdi, Mittwoch, 21. Dezember 2011, 22:42 (vor 4881 Tagen) @ Sladdi
bearbeitet von Felix, Dienstag, 07. April 2020, 08:17

Bin auf ein dramatisches Kapitel in einem Buch aufmerksam gemacht worden: Ein nicht ortsansässiger Fahrer mit fünf Kindern im Auto stieß plötzlich einen Schrei aus. Das Auto war in einen zehn Meter tief ausgebaggerten Fluss gestürzt. Der Fahrer wurde vom Strudel nach hinten gerissen. "Ertrinken ist ein rascher Tod?"

Die Erzählerin hatte längst keine Luft mehr, sondern schluckte fortwährend Wasser. Es gab einen Spalt zwischen Karosserie und Verdeck. Sie schob sich hindurch und wurde nach oben gerissen. Oben angekommen hörte sie ihren Namen rufen. All ihre Kraft war verbraucht. Ohne den Anruf ihres Bruders wäre sie sofort wieder untergegangen. Aber so riß sie sich zusammen und paddelte wie ein Hund zur Kaimauer. Ein Mantel wurde ihr von oben hingehalten, an dem sie sich festklammerte und hochgezogen wurde. Uff!

Gegen Ende des Buches schreibt sie über den Verlust der Heimat. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis sie das für sich selbst akzeptieren konnte. Sie hatte vorher für den Gewaltverzicht gestimmt, aber nicht für den Territorialverzicht. Beides zusammen konnte nicht gehen und so wählte sie das schmerzliche Opfer, auf beides zu verzichten, indem sie bei beidem für ein Ja stimmte. Marion Gräfin Dönhoff schreibt: "Vielleicht ist dies der höchste Grad der Liebe: zu lieben ohne zu besitzen."

Buchveröffentlichungen von Marion Gräfin Dönhoff
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2009-11/bibliographie-doenhoff


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