Pir Zia Inayat Khan - Über besondere Sufi-Praktiken (alle)

Vinaya El Michaela, Donnerstag, 08. Dezember 2016, 19:12 (vor 2967 Tagen) @ Vinaya El Michaela


Über besondere Sufi-Praktiken:

Die wesentliche Übung im Sufismus ist 'Dhikr', was Erinnerung bedeutet - Gedenken Gottes, der Quelle und des Ziels aller Wesen, Erinnerung an unser wahres Zuhause. Dieses Gedenken wird auf rituelle Weise praktiziert in der Anrufung göttlicher Namen und besonders in der Rezitation "La ilaha illa 'llah", "Es gibt keine Gottheit ausser dem einen Gott". Diese Rezitation erinnert uns daran, dass all unsere subjektiven Konzepte hinsichtlich unserer selbst, hinsichtlich der Natur des Universums, relativ sind. Die eine Realität schliesst all solche relativen Begriffsbildungen mit ein, aber sie übersteigt sie zugleich und lässt sie hinter sich zurück. Das ist es, was wir 'Allah' nennen, die eine Wirklichkeit, das wahre Wesen, das Absolute.

Dieses Eine Wesen wird in Erinnerung gerufen durch Akte der Rezitation, wiederholte Rezitation verbunden mit Bewegung, mit Koordination des Atems, manchmal mit Visualisierung, unter Verwendung dieses Sprechgesangs "La ilaha illa 'llah" und Varianten davon sowie anderen Anrufungen des Göttlichen.

Auf der ersten Stufe rezitiert man den Namen Gottes mit der Stimme, aber der Geist mag dabei abwesend sein, das Herz ist vielleicht nicht eingestimmt. Auf der zweiten Stufe, wenn man an der Ãœbung festhält, mag man das Stadium erreichen, wo die stimmliche Rezitation weitergeht, der Geist sich zu konzentrieren beginnt und auch das Herz allmählich in Einstimmung gelangt. Auf der dritten Stufe gibt es vollkommene Symmetrie. Die Stimme rezitiert. Der Geist ist konzentriert. Das Herz ist eingestimmt. Die Ãœbung geschieht in Einheit. Auf der vierten Stufe gibt man die stimmliche Ãœbung auf. Man kehrt in die Routine des täglichen Lebens zurück, aber das Herz macht den Dhikr weiter, verweilt im Gedenken.

Es ist von höchster Wichtigkeit, eine direkte Beziehung zu einem spirituellen Wegbegleiter zu haben, denn der Pfad eines jeden von uns ist charakteristisch für eben diese Person. Wir beginnen mit unserer eigenen Konditionierung, die bei jedem von uns anders ist, und das ist der Ort auf dem Weg, von dem aus wir uns einschiffen. Die Probleme, die auftauchen, wenn wir den Pfad beschreiten, gehören zu ihm. Sie sind die Substanz des Weges selbst. Der Pfad existiert nicht ausserhalb von uns. Er existiert in uns. Und den ganzen Weg entlang sind all die Widerstände, all die Ängste, all die Gefühle von Unzulänglichkeit, all das Begehren nicht etwas, das vom Pfad getrennt wäre. Sie sind die pure Substanz der Arbeit. Wie wir mit dem arbeiten, was durch das Selbst hindurchkommt, das ist die Substanz des spirituellen Pfades.

Es gibt eine gemeinsame Basis von Psychotherapie und spiritueller Arbeit. Wenn es einen Unterschied gibt, dann den, dass die spirituelle Arbeit des Sufismus eine transzendente, transpersonale Dimension einschliesst. Und man muss natürlich sehen, dass in der Psychotherapie Menschen arbeiten, welche die transpersonalen Dimensionen anerkennen und mit ihnen arbeiten, das ist transpersonale Psychotherapie. Und besonders dort gibt es enorme Gemeinsamkeit.


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