Pir Zia Inayat Khan - Der Same des Glaubens (alle)
Vinaya El Michaela, Donnerstag, 08. Dezember 2016, 19:04 (vor 2967 Tagen)
"Der Same des Glaubens entfaltet sich im Vertrauen,
wächst durch Erfahrung, blüht in der Verwirklichung
und trägt Früchte im Dienst." Pir Zia Inayat Khan
Pir Zia Inayat Khan - Über Sufismus
Vinaya El Michaela, Donnerstag, 08. Dezember 2016, 19:09 (vor 2967 Tagen) @ Vinaya El Michaela
Pir Zia Inayat Khan über Sufismus
"Ich glaube, dass essentielle Einheit in allen religiösen Traditionen entdeckt werden kann."
Über die Bedeutung des Wortes 'Sufismus':
Das Wort 'Sufismus' ist eine ziemlich ungückliche Übersetzung, denn das Suffix 'ismus' scheint eine festgelegte Ideologie zu implizieren. Sufismus geht in seinem Wesen über Ideologie hinaus. Das Wort 'Sufismus' ist eine Übersetzung für ein arabisches Wort, das ganz wörtlich bedeutet: 'ein Sufi werden'.
Dann erhebt sich die Frage,- wenn Sufismus darin besteht, 'ein Sufi zu werden', was wird man da? Was ist ein Sufi? Dies war eine oft gestellte Frage, als das Wort 'Sufi' vor vielen Jahrhunderten in Umlauf kam, und die Sufis selbst beantworteten sie auf sehr verschiedene Weise. Manchmal wurde gesagt, ein Sufi ist 'einer, der gut atmet'. Jemand anderer sagte, dass der Sufi 'der Sohn oder die Tochter des Augenblicks' sei. Und wieder ein anderer sagte, ein Sufi sei 'wie ein Kind am Busen Gottes'.
All diese Definitionen lenken unsere Aufmerksamkeit auf eine innere Haltung nicht auf eine äussere Identität, nicht eine Ideologie, sondern auf eine Gegenwart, und das ist es, was der Sufismus lehrt.
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Über die Einführung des Sufismus in den Westen:
Mein Grossvater Pir-o-Murshid Hazrat Inayat Khan war der Erste, der Sufismus in der westlichen Welt gelehrt hat. Er studierte unter Anleitung seines eigenen Murshid [Lehrers] Sayyid Abu Hashim Madani. Und am Ende seines Lebens blickte Sayyid Madani in seine Augen und sagte: "Geh hinaus in die Welt und verbreite die Weisheit des Sufismus. Vereinige Ost und West im Bewusstsein der Einheit des Seins."
Im Jahre 1910 segelte mein Grossvater mit seinen Brüdern von Bombay los und gelangte in die Vereinigten Staaten. In den ersten Jahren, so sagte er, war er mehr damit beschäftigt zu lernen als zu lehren. Er wollte nicht lediglich eine fremde Lehre auf die Menschen dieses Landes übertragen, sondern erstrebte im Gegenteil ein möglichst tiefes Wissen von den Bedürfnissen dieser Menschen, ihren Berufungen und Bestrebungen, um die Psyche der westlichen Welt zu verstehen.
Er heiratete eine westliche Frau, und allmählich entfaltete er seine Lehre als Antwort auf die Bedürfnisse, die er in den westlichen Menschen wahrnahm. Eine Anzahl von Schülern zog es zu ihm hin, und schliesslich schuf er eine Organisation, die er den Sufiorden im Westen nannte, welcher die Abstammungslinie des Sufismus repräsentierte, die er geerbt und fortgesetzt hatte. Sie repräsentierte die Botschaft von der Bruderschaft der Menschheit, der Geschwisterlichkeit aller menschlichen Wesen in der grösseren Familie der Menschheit, die Erkenntnis, dass alle Nationen und Religionen Organe eines einzigen Körpers sind, und dieser Körper ist der Körper der Menschheit; nur wenn alle Organe in Harmonie tätig sind, wird die Gesundheit der Menschheit ihre ideale Form erreichen.
Pir-o- Murshid sagte, dass jede Religion eine Note zum Klingen gebracht hat, aber indem der Erdball sich in einer einzigen Zivilisation vereinigt hat, gibt es eine Gelegenheit für all die Noten zusammenzuklingen, auf dass wir die Sinfonie der Botschaft hören mögen, die jede einzelne Note übersteigt und die Fülle der menschlichen Erfahrung über die Jahrtausende repräsentiert.
Über das Lehren von Sufismus:
Die Überlieferung der esoterischen Schule des Sufismus wird von Herz zu Herz weitergegeben, vom Lehrer auf den Schüler, und sie kann nur vollständig empfangen werden durch die tiefe Verbindung, welche zwischen zwei menschlichen Herzen existiert, die tief aufeinander eingestimmt sind. Als mein Grossvater seine anfängliche Einweihung durch seinen Murshid empfing, lud ihn dieser in sein Haus ein, und mein Grossvater pflegte ihn täglich zu besuchen. Monatelang sassen sie beisammen, und sein Murshid redete über die allergewöhnlichsten Dinge, lokale Ereignisse, das Wetter, usw. Erst nach vielen Monaten begann sein Lehrer über esoterische Themen in der Terminologie der Sufis zu sprechen. Als mein Grossvater dies hörte, war seine Neugier geweckt und er zog sein Notizbuch hervor. Und sobald er dies sah, wechselte sein Murshid ebenso schnell das Gesprächsthema und kehrte zu weltlichen Angelegenheiten zurück.
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Mein Grossvater sagte immer, er lernte, dass die Lehre auf die Tafel des Herzens diktiert werden muss; sie kann nicht im Verstand empfangen werden.
Sie muss in der tiefsten Dimension unseres Wesens assimiliert werden, und dies geschieht durch die Einstimmung auf den Lehrer.
Und der Lehrer ist auf seinen Vorgänger eingestimmt worden, der sich wiederum auf seinen eingestimmt hatte, und das über die Generationen, über die Jahrhunderte hinweg bis zurück auf den Propheten Mohammed, Friede sei mit ihm, und durch den Propheten Mohammed auf die früheren Propheten, auf Isa le Isalam, Jesus Christus, und auf den Propheten Moses - Friede sei mit ihm, und den Propheten Abraham.
Und die Propheten all dieser Religionen bilden eine einzige Hierarchie, welche die göttliche Botschaft repräsentiert, die übermittelt und durch die Kanäle der esoterischen Orden geschleust wird mittels der Verkörperung des Murshid, des Lehrers, und auf diese Weise den Aspiranten erreicht.
Pir Zia Inayat Khan - Über besondere Sufi-Praktiken
Vinaya El Michaela, Donnerstag, 08. Dezember 2016, 19:12 (vor 2967 Tagen) @ Vinaya El Michaela
Über besondere Sufi-Praktiken:
Die wesentliche Übung im Sufismus ist 'Dhikr', was Erinnerung bedeutet - Gedenken Gottes, der Quelle und des Ziels aller Wesen, Erinnerung an unser wahres Zuhause. Dieses Gedenken wird auf rituelle Weise praktiziert in der Anrufung göttlicher Namen und besonders in der Rezitation "La ilaha illa 'llah", "Es gibt keine Gottheit ausser dem einen Gott". Diese Rezitation erinnert uns daran, dass all unsere subjektiven Konzepte hinsichtlich unserer selbst, hinsichtlich der Natur des Universums, relativ sind. Die eine Realität schliesst all solche relativen Begriffsbildungen mit ein, aber sie übersteigt sie zugleich und lässt sie hinter sich zurück. Das ist es, was wir 'Allah' nennen, die eine Wirklichkeit, das wahre Wesen, das Absolute.
Dieses Eine Wesen wird in Erinnerung gerufen durch Akte der Rezitation, wiederholte Rezitation verbunden mit Bewegung, mit Koordination des Atems, manchmal mit Visualisierung, unter Verwendung dieses Sprechgesangs "La ilaha illa 'llah" und Varianten davon sowie anderen Anrufungen des Göttlichen.
Auf der ersten Stufe rezitiert man den Namen Gottes mit der Stimme, aber der Geist mag dabei abwesend sein, das Herz ist vielleicht nicht eingestimmt. Auf der zweiten Stufe, wenn man an der Ãœbung festhält, mag man das Stadium erreichen, wo die stimmliche Rezitation weitergeht, der Geist sich zu konzentrieren beginnt und auch das Herz allmählich in Einstimmung gelangt. Auf der dritten Stufe gibt es vollkommene Symmetrie. Die Stimme rezitiert. Der Geist ist konzentriert. Das Herz ist eingestimmt. Die Ãœbung geschieht in Einheit. Auf der vierten Stufe gibt man die stimmliche Ãœbung auf. Man kehrt in die Routine des täglichen Lebens zurück, aber das Herz macht den Dhikr weiter, verweilt im Gedenken.
Es ist von höchster Wichtigkeit, eine direkte Beziehung zu einem spirituellen Wegbegleiter zu haben, denn der Pfad eines jeden von uns ist charakteristisch für eben diese Person. Wir beginnen mit unserer eigenen Konditionierung, die bei jedem von uns anders ist, und das ist der Ort auf dem Weg, von dem aus wir uns einschiffen. Die Probleme, die auftauchen, wenn wir den Pfad beschreiten, gehören zu ihm. Sie sind die Substanz des Weges selbst. Der Pfad existiert nicht ausserhalb von uns. Er existiert in uns. Und den ganzen Weg entlang sind all die Widerstände, all die Ängste, all die Gefühle von Unzulänglichkeit, all das Begehren nicht etwas, das vom Pfad getrennt wäre. Sie sind die pure Substanz der Arbeit. Wie wir mit dem arbeiten, was durch das Selbst hindurchkommt, das ist die Substanz des spirituellen Pfades.
Es gibt eine gemeinsame Basis von Psychotherapie und spiritueller Arbeit. Wenn es einen Unterschied gibt, dann den, dass die spirituelle Arbeit des Sufismus eine transzendente, transpersonale Dimension einschliesst. Und man muss natürlich sehen, dass in der Psychotherapie Menschen arbeiten, welche die transpersonalen Dimensionen anerkennen und mit ihnen arbeiten, das ist transpersonale Psychotherapie. Und besonders dort gibt es enorme Gemeinsamkeit.
Pir Zia Inayat Khan- Über den Sufismus und andere Religionen
Vinaya El Michaela, Donnerstag, 08. Dezember 2016, 19:13 (vor 2967 Tagen) @ Vinaya El Michaela
Über den Sufismus und andere Religionen:
Meine Grossvater hat die Sufibotschaft als ein essentielles Bewusstsein vorgestellt, das im Wesen all der grossen Weltreligionen entdeckt werden kann. Es ist der gemeinsame Strang mystischer Erkenntnis, der alle prophetischen Sendungen vereint.
Das wurde in der Geschichte des Sufismus anerkannt. Der Prinz Dara Shaku, welcher der gesetzliche Erbe seines Vaters Sha Jihan war, des grossen Mogul-Königs, schrieb ein Buch namens MAJ HAMU AL BAHRAIN, was 'die Fusion der zwei Ozeane' bedeutet, ein Ozean ist der Islam, der andere der Hinduismus. Er stellte eine vergleichende Untersuchung an und gelangte zu der Schlussfolgerung, dass im Kern die gemeinsame Erkenntnis beider die Einheit des Seins war. Sie hatten verschiedene Terminologien, verschiedene Systeme der praktischen Ausübung, aber es gab eine essentielle Einheit.
Ich glaube, dass essentielle Einheit in allen religiösen Traditionen entdeckt werden kann. Sie ist der gemeinsame Strang der Tiefe menschlicher Erfahrung auf diesem Planeten, und sie ist universell, absolut universell. Sie transzendiert all die Unterschiede der Akkulturation, der Ideologie. Es gibt etwas Essentielles am voll entfalteten Menschsein, und im Wesen des menschlichen Daseins liegt eine Beziehung zum Göttlichen.
Die Sufibotschaft ruft uns dazu auf, diese Beziehung - in welcher äusseren Form auch immer - zu kultivieren, im Rahmen jeder beliebigen Religion. Jede Religion ist eine Fügung der Vorsehung, die dazu dienen kann, uns mit einer inneren Öffnung gegenüber der Wahrheit zu versorgen.
In dieser Zeit, in der wir leben, hat es ein globales Erwachen gegeben. Die Welt kommt zusammen auf eine Weise, die nie zuvor möglich gewesen war. Es erscheint auf der einen Seite die Aussicht - die Gefahr - einer Vereinheitlichung auf dem Niveau der Homogenität, wenn nicht sogar der Uniformität. Auf der anderen Seite erscheint die Aussicht auf eine Einheit in Vielfalt, ein Erkennen der gottgewollten Natur der Mannigfaltigkeit der religiösen Formen, aber zugleich erwachend zur essentiellen Einheit, die diese Formen durchdringt und ihnen zugrundeliegt.
Das ist das wesentliche Ziel der Sufibotschaft in unserer Zeit, die Segmente der Menschheit zu vereinen, die wie die Organe eines einzigen Körpers sind, der zerstückelt wurde und sich wieder vereinigen muss unter der Führung des Herzens, um als ein einziger Körper zum Wohl der Gesundheit all der verschiedenen Teile tätig zu sein. Das ist die Botschaft, die in diesem Zeitalter zu Gehör kommen muss.
Pir Zia Inayat Khan (aus: Religions & Ethics, November 2002 Übersetzung von Kaivan)
Der Tanz mit Gott
Vinaya El Michaela, Donnerstag, 08. Dezember 2016, 19:14 (vor 2967 Tagen) @ Vinaya El Michaela
DANKE!!!
Hazrat Inyat Khan ~ Gebet ~ Salat
Vinaya El Michaela, Samstag, 10. Dezember 2016, 22:19 (vor 2965 Tagen) @ Vinaya El Michaela
Salat
Gnadenreichster Herr,
Meister, Messias und Erlöser der Menschheit,
Dich grüßen wir in aller Demut.
Du bist der erste Ursprung und die letzte Folge,
das göttliche Licht und der Geist der Führung,
Alpha und Omega.
Dein Licht ist in allen Formen,
Deine Liebe in allen Wesen:
in der liebenden Mutter, im gütigen Vater,
im unschuldigen Kind, im hilfreichen Freund,
im inspirierenden Lehrer.
Gib, daß wir Dich erkennen
in all Deinen heiligen Namen und Gestalten:
in Rama, in Krishna, in Shiva, in Buddha.
Laß uns Dich erschauen in Abraham, in Salomon,
in Zarathustra, in Moses, in Jesus, in Mohammed
und in vielen anderen Namen und Gestalten,
der Welt bekannt und unbekannt.
Wir preisen Deine Vergangenheit;
Deine Gegenwart erleuchtet tief unser Wesen,
und wir suchen Deinen Segen in der Zukunft.
O Botschafter, Christus, Nabi, Gottes Rasul!
Du, dessen Herz unablässig emporstrebt,
Du kommst auf die Erde mit einer Botschaft
wie eine Taube von oben, wenn Dharma verfällt,
und sprichst das Wort,
das in Deinen Mund gelegt wird,
so wie das Licht den wachsenden Mond füllt.
Laß den Stern des göttlichen Lichtes,
der in Deinem Herzen leuchtet,
sich widerspiegeln in den Herzen derer, die Dich lieben.
Möge die Botschaft Gottes sich überall verbreiten,
die ganze Menschheit erleuchten
und sie vereinigen zu einer einzigen Familie
in Gott, dem Vater und der Mutter.
Amen.
Gieße aus über uns Deine Liebe und Dein Licht!
Hazrat Inyat Khan ~ Gott im Herzen
Vinaya El Michaela, Sonntag, 11. Dezember 2016, 21:48 (vor 2964 Tagen) @ Vinaya El Michaela
Nur derjenige kann alle Probleme von einem gerechten Standpunkt aus betrachten, in dessen Herz sich Gott widerspiegelt und der über Nationen, Rassen, Kasten, Glaubensbekenntnisse und Religionen steht.
Hazrat Inayat Khan
(1882 - 1927), eigentlich Hazrat Pir-o-Murshid Inayat Khan, indischer Sufi-Meister