Kritik der Urteilskraft - I. Kant (alle)

Devino M., Sonntag, 27. April 2014, 21:40 (vor 3668 Tagen)

Kritik der Urteilskraft - Immanuel Kant - Einleitung

II. Von dem System der obern Erkenntnisvermögen, das der Philosophie zum Grunde liegt

Wenn die Rede nicht von der Einteilung einer Philosophie, sondern unseres Erkenntnisvermögens a priori durch Begriffe (des oberen) ist, d.i. von einer Kritik der reinen Vernunft, aber nur nach ihrem Vermögen zu denken betrachtet (wo die reine Anschauungsart nicht in Erwägung gezogen wird), so fällt die systematische Vorstellung des Denkvermögens dreiteilig aus, nämlich erstlich in das Vermögen der Erkenntnis des Allgmeinen (der Regeln), den Verstand, zweitens das Vermögen der Subsumtion des Besondern unter das Allgemeine, die Urteilskraft, und drittens das Vermögen der Bestimmung des Besondern durch das Allgemeine (der Ableitung von Prinzipien), d.i. die Vernunft.

Die Kritik der reinen theoretischen Vernunft, welche den Quellen alles Erkenntnisses a priori (mithin auch dessen, was in ihr zur Anschauung gehört) gewidmet war, gab die Gesetze der Natur, die Kritik der praktischen Vernunft das Gesetz der Freiheit an die Hand und so scheinen die Prinzipien a priori für die ganze Philosophie jetzt schon vollständig abgehandelt zu sein.

Wenn nun aber der Verstand a priori Gesetze der Natur, dagegen Vernunft Gesetze der Freiheit an die Hand gibt, so ist doch nach der Analogie zu erwarten: daß die Urteilskraft, welche beider Vermögen ihren Zusammenhang vermittelt, auch eben so wohl wie jene ihre eigentümliche Prinzipien a priori dazu hergeben und vielleicht zu einem besonderen Teile der Philosophie den Grund legen werde, und gleichwohl kann diese als System nur zeitweilig sein.
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Als Analogie hierzu kann man sagen, die Fähigkeit grundsätzlich gehen zu können, was der Gegebenheit der Natur entspräche, wäre der Verstand. Einen Weg zu beschreiten, also aktiv das von Natur gegebene zu nutzen, wäre die Vernunft. Den Weg a priori (seis durch Intuition) oder durch gemachte Erfahrung beurteilen zu können oder zu kennen (wohin dieser führt z.B.), wäre dann in dem Zusammenhang die Urteilskraft.

Bloß Verstand mach noch nicht das Denken aus.
Bloße Vernunft ist noch nicht Urteilskraft, aber der Schritt zu selbständigen Rückschlüssen und damit die Fähigkeit Frei von dem zu werden, was einem die Natur vorgesetzt hat.

Urteilskraft - I. Kant

Devino M., Dienstag, 29. April 2014, 00:44 (vor 3667 Tagen) @ Devino M.

Kritik der Urteilskraft - Immanuel Kant - Einleitung

II. Von dem System der obern Erkenntnisvermögen, das der Philosophie zum Grunde liegt

Allein Urteilskraft ist ein so besonderes, gar nicht selbständiges Erkenntnisvermögen, daß es weder, wie der Verstand, Begriffe, noch, wie die Vernunft, Ideen, von irgend einem Gegenstande gibt, weil es ein Vermögen ist, bloß unter anderweitig gegebene Begriffe zu subsumieren. Sollte also ein Begriff oder Regel, die ursprünglich aus der Urteilskraft entsprängen, statt finden, so müßte es ein Begriff von Dingen der Natur sein, so fern diese sich nach unserer Urteilskraft richtet, und also von einer solchen Beschaffenheit der Natur, von welcher man sich sonst gar keinen Begriff machen kann, als nur daß sich ihre Einrichtung nach unserem Vermögen richte, die besondern gegebenen Gesetze unter allgemeinere, die doch nicht gegeben sind, zu subsumieren; mit anderen Worten, es müßte der Begriff von einer Zweckmäßigkeit der Natur zum Behuf unseres Vermögens sein, sie zu erkennen, so fern dazu erfordert wird, daß wir das Besondere als unter dem Allgemeinen enthalten beurteilen und es unter den Begriff einer Natur subsumieren können.

Ein solcher Begriff ist nun der einer Erfahrung als Systems nach empirischen Gesetzen. Denn obzwar diese nach transzendentalen Gesetzen, welche die Bedingung der Möglichkeit der Erfahrung überhaupt enthalten, ein System ausmacht: so ist doch von empirischen Gesetzen eine so unendliche Mannigfaltigkeit und eine so große Heterogenität der Formen der Natur, die zur besondern Erfahrung gehören würden, möglich, daß der Begriff von einem System nach diesen (empirischen) Gesetzen dem Verstande ganz fremd sein muß, und weder die Möglichkeit, noch weniger aber die Notwendigkeit eines solchen Ganzen begriffen werden kann. Gleichwohl aber bedarf die besondere, durchgehends nach beständigen Prinzipien zusammenhängende Erfahrung auch diesen systematischen Zusammenhang empirischer Gesetze, damit es für die Urteilskraft möglich werde, das Besondere unter das Allgemeine, wie wohl immer noch empirische und so fort an, bis zu den obersten empirischen Gesetzen und denen ihnen gemäßen Naturformen zu subsumieren, mithin das Aggregat besonderer Erfahrungen als System derselben zu betrachten; denn ohne diese Voraussetzung kann kein durchgängig gesetzmäßiger Zusammenhang, d.i. empirische Einheit derselben statt finden.

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Daraus entnehmen wir, dass Urteilskraft nicht etwas einzeln für sich stehendes ist, sondern die Fähigkeit, etwas in einem Gesamtzusammenhang zuordnen zu können. D.h. es im Verhältnis zum nächst Höheren oder Umfassenderen erkennen zu können. Hinzu kommt, dass es unter einer Gesetzmäßigkeit von allgemeiner Wirkung steht und zu einem Teil eigener Erfahrung gemacht werden kann.

Reflektierende Urteilskraft & Freiheit - I. Kant

Devino M., Samstag, 03. Mai 2014, 00:46 (vor 3663 Tagen) @ Devino M.

V. Von der Reflektierenden Urteilskraft
Die Urteilskraft kann entweder als bloßes Vermögen, über eine gegebene Vorstellung, zum Behuf eines dadurch möglichen Begriffs, nach einem gewissen Prinzip zu reflektieren, oder als ein Vermögen, einen zum Grunde liegenden Begriff durch eine gegebene empirische Vorstellung zu bestimmen, angesehen werden. Im ersten Falle ist sie die reflektierende, im zweiten die bestimmende Urteilskraft. Reflektieren (Überlegen) aber ist: gegebene Vorstellungen entweder mit andern, oder mit seinem Erkenntnisvermögen, in Beziehung auf einen dadurch möglichen Begriff, zu vergleichen und zusammen zu halten. Die reflektierende Urteilskraft ist diejenige, welche man auch das Beurteilungsvermögen (facultas diiudicandi) nennt.

Das Reflektieren (welches selbst bei Tieren, obzwar nur instinktmäßig, nämlich nicht in Beziehung auf einen dadurch zu erlangenden Begriff, sondern eine etwa dadurch zu bestimmende Neigung vorgeht) bedarf für uns eben so wohl eines Prinzips, als das Bestimmen, in welchem der zum Grunde gelegte Begriff vom Objekte der Urteilskraft die Regel vorschreibt und also die Stelle des Prinzips vertritt.
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Was bedeutet Freiheit anderes als Eigenständigkeit?
Was ist Eigenständigkeit, wenn nicht die Möglichkeit, selbst die Dinge zu Beurteilen?
Wie kann etwas ohne eigenständige Reflektion tatsächlich beurteilt werden?

Sicher kann man etwas nach irgend welchen Kriterien einordnen, aber dies wäre ja mehr eine Art etwas zu messen, denn wirklich zu beurteilen.

Und so bleibt es nicht aus, dass die Freiheit von jedem eigenständig erworben werden muss, aber ein jeder darf freiwillig daran gehen, denn sonst ist es ja einer Sache untergeordnet und nicht eigener Freiheit!

das ästhetische Urteil - I. Kant

Devino M., Sonntag, 04. Mai 2014, 00:29 (vor 3662 Tagen) @ Devino M.

VIII. Von der Ästhetik des Beurteilsungsvermögens
...
Ein ästhetisches Urteil im allgemeinen kann also für dasjenige Urteil erklärt werden, dessen Prädikat niemals Erkenntnis (Begriff von einem Objekte) sein kann (ob es gleich die subjektive Bedingungen zu einem Erkenntnis überhaupt enthalten mag). In einem solchen Urteile ist der Bestimmungsgrund Empfindung. Nun ist aber nur eine einzige so genannte Empfindung, die niemals Begriff von einem Objekte werden kann, und diese ist das Gefühl der Lust und Unlust. Diese ist bloß subjektiv, da hingegen alle übrigen Empfindung zu Erkenntnis gebraucht werden kann. Also ist ein ästhetisches Urteil dasjenige, dessen Bestimmungsgrund in einer Empfindung liegt, die mit dem Gefühle der Lust und Unlust unmittelbar verbunden ist. Im ästhetischen Sinnes-Urteile ist es diejenige Empfindung, welche von der empirischen Anschauung des Gegenstandes unmittelbar hervorgebracht wird, im ästhetischen Reflexionsurteile aber die, welche das harmonische Spiel der beiden Erkenntnisvermögen der Urteilskraft, Einbildungskraft und Verstand im Subjekte bewirkt, indem in der gegebenen Vorstellung das Auffasungsvermögen der einen und das Darstellungsvermögen der andern einander wechselseitig beförderlich sind, welches Verhältnis in solchem Falle durch diese bloße Form eine Empfindung bewirkt, welche der Bestimmungsgrund eines Urteils ist, das darum ästhetisch heißt und als subjektive Zweckmäßigkeit (ohne Begriff) mit dem Gefühl der Lust verbunden ist.

Das ästhetische Sinnesurteil enthält materiale, das ästhetische Reflexionsurteil aber formale Zweckmäßigkeit. Aber, da das erstere sich gar nicht aufs Erkenntnisvermögen bezieht, sondern unmittelbar durch den Sinn aufs Gefühl der Lust, so ist nur das letztere als auf eigentümliche Prinzipien der Urteilskraft gegründet anzusehen. Wenn nämlich die Reflexion über eine gegebene Vorstellung vor dem Gefühle der Lust (als Bestimmungsgrunde des Urteils) vorhergeht, so wird die subjektive Zweckmäßigkeit gedacht, ehe sie in ihrer Wirkung empfunden wird, und das ästhetische Urteil gehört so fern, nämlich seinen Prinzipien nach, zum obern Erkenntnisvermögen und zwar zur Urteilskraft, unter deren subjektive und doch dabei allgemeine Bedingungen die Vorstellung des Gegenstandes subsumiert wird. Dieweil aber eine bloß subjektive Bedingung eines Urteils keinen bestimmten Begriff von dem Bestimmungsgrunde desselben verstattet, so kann dieser nur im Gefühl der Lust gegeben werden, so doch, daß das ästhetische Urteil immer ein Reflexionsurteil ist: da hingegeben ein solches, welches keine Vergleichung der Vorstellung mit den Erkenntnisvermögen, die in der Urteilskraft vereinigt wirken, voraussetzt, ein ästhetisches Sinnenurteil ist, das eine gegebene Vorstellung auch (aber nicht vermittelst der Urteilskraft und ihrem Prinzip) aufs Gefühlt der Lust bezieht.
...


Mit anderen Worten kann man sagen, dass ein ästhetisches Urteil (Sinnes-Urteil) nach einer Empfindung der Lust und Unlust untergeordnet wird (d.h. Gefühl) und das Subjekt sich zum Objekt nach seiner Neigung positioniert und somit ist es lediglich ein Urteil im Sinne rein subjektiver Betrachtung und verliert jegliche Bedeutung über den subjektiven Betrachter hinaus.

Ein ästhetisches Reflexionsurteil dagegen geht zwar von einer Empfindung aus, zieht aber das Vorstellungsvermögen und die Mittel der Ausdeutung und des Ausdrucks heran und hebt dies damit aus der bloßen Bewertung heraus.

Daraus kann man schließen, dass ein Gefühl über das Subjekt hinaus keine Bedeutung hat, während davon abgesehen, die Empfindung als solches zum Urteil herangezogen werden kann, ist das erstere lediglich zur persönlichen Bewertung geeignet.

Die Mittel und das was bleibt - BG 17:14-16

Devino M., Mittwoch, 30. April 2014, 00:03 (vor 3666 Tagen) @ Devino M.

Bhagavad Gita 17:14-16
Enthaltsamkeit oder Bußübungen des Körpers bestehen in der Verehrung der Devas, der "Zweimalgeborenen", der Gurus und der Weisen; sowie in Reinheit, Aufrichtigkeit, Mäßigkeit und Gewaltlosigkeit.

Enthaltsamkeit der Rede besteht in der inneren Verbindung mit seinem wahren Selbst und im Gebrauch von Worten, die keine Unruhe verursachen, die wahrhaft, angenehm und wohltuend sind.

Enthaltsamkeit des Geistes besteht in einem ruhigen und zufriedenen Gemüt sowie einem klaren Verstand, in Güte, Schweigsamkeit, Selbstbeherrschung und Reinheit des Charakters.
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Was zählt sind in erster Linie nicht die Mittel, die einem zur Verfügung stehen, sondern vor allem, was man damit und daraus macht.

Mit einer bestimmten Stellung oder mit einer bestimmten Aufgabe, hat man idR. auch bestimmte Mittel zur Verfügung. Das was verbleibt, ist ja das, was man selbst tatsächlich gemacht und vollbracht hat. Die Mittel, die mit einer Aufgabe/Stellung verbunden sind, sind nicht unbedingt die Mittel, die einem ohne diese Aufgabe oder danach grundsätzlich zur Verfügung stehen!

Es verdient sicher mehr Anerkennung, mit geringeren Mitteln, mehr umzusetzen, als mit größeren Mitteln das selbe zu bewirken, zumal mit letzterem sicherlich auch mehr Schaden entstehen kann, welcher sowohl bei einem selber anfängt, als auch endet.

Wandelbar und Unwandelbar - BG 2:17,24

Devino M., Donnerstag, 01. Mai 2014, 21:08 (vor 3664 Tagen) @ Devino M.

Bhagavad Gita 2:17,24

Yogananda BG
Wisse, dass der Eine, der alles erschaffen hat und alles durchdring, unvergänglich ist. Niemand besitzt die Macht, diesen Wandellosen Geist zu vernichten.

Die Seele ist unteilbar; sie kann nicht verbrannt, durchnässt und ausgetrocknet werden. Die Seele ist unwandelbar, alldurchdringend, ewig ruhig und fest gegründet - sie bleibt sich ewig gleich.

Prabhupada BG
Wisse, das, was den gesamten Körper durchdringt, ist unzerstörbar. Niemand ist imstande, die unvergängliche Seele zu zerstören.

Die individuelle Seele ist unzerbrechlich und unauflöslich und kann weder verbrannt noch ausgetrocknet werden. Sie ist immerwährend, überall gegenwärtig, unwandelbar, unbeweglich und ewig dieselbe.
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Etwas Wandelbares wird sicher nichts Unwandelbares beherrschen können, weil das Unwandelbare in seiner Art Vollkommen sein muss, weswegen es keinem Wandel mehr unterworfen werden kann. Dafür kann alles, was einem Wandel unterworfen werden kann, beherrscht werden (der Punkt der Unvollkommenheit ist der blinde Fleck, zum Ansatz hierfür) und nicht selten ist es so, wo man glaubt selber etwas in der Hand zu haben, dass man sich nur selber in der Hand von etwas befindet und beherrscht wird. Zu bedenken ist auch, dass es immer den einen Umfassenderen gibt und nichts verborgen bleiben kann.

Wie kommts also, dass die Seele sich mit allerlei Unvollkommenheiten rumschlagen darf, selbst wenn man bei ihr von Vollkommenheit ausgehen kann?
Vermutlich weil es einem größeren Zweck dient, etwas Unvollkommenes zu seiner Vollkommenheit geleiten zu dürfen und womöglich es ohne dieses, nichts zu tuen gäbe (ohne Evolution gäbs wohl kaum eine Involution)?! Deswegen sind wir wohl alle hier, um an dem zu arbeiten, was noch möglicherweise besser werden kann oder muss.

Also ist alles woran gearbeitet werden kann, vor allem dazu da, als eine Schanze wahrgenommen und umgesetzt zu werden.

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